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03.01.2012

Lucian Hölscher über Zanders Grenzen


Der Bochumer Historiker Lucian Hölscher schreibt über Zander in einer Rezension, die in der »Süddeutschen Zeitung« erschienen ist:

»Ihre Grenze findet Zanders Methode ... beim Verzicht auf eine eigene systematische Auseinandersetzung mit Steiners Lehren und Anschauungen. So kann er ... zwar schon frühzeitig die Wurzeln für die Konzeption einer objektiven Erkenntnis aus purer Anschauung in dessen Rekonstruktion von Goethes ›Weltanschauung‹ aufsuchen; beim Versuch, diese Konzeption zu verstehen, lässt er den Leser dann aber doch recht ratlos zurück. Hier setzt eine Distanznahme des Historikers von der Aufgabe des Verstehens ein, die umso misslicher ist, als sie zwischen den Zeilen eine nicht ausgeführte Kritik von Steiners Konzeption vermuten lässt. Ihre Ausführung hätte wohl auch bei der Rekonstruktion von Steiners Erkenntnistheorie nicht ganz so rasch vor dessen Inanspruchnahme einer ›schauenden Erkenntnis‹ in der Geschichte kapituliert. Gehörte doch die Vorstellung, dass historische Erkenntnis nicht nur auf Quellenlektüre, sondern auch auf innerer Ergänzung, auf einer Schau des Ganzen einer historischen Idee beruht, schon zu den Grundkonzeptionen des frühen Historismus, etwa bei Humboldt und Droysen. Zander geht nur ansatzweise in solche Kontroversen mit sachlichen Argumenten hinein. Wie die Ablehnung ihn nicht zum Feind, so hätte ihn aber wohl auch eine partielle Zustimmung nicht gleich zum Parteigänger der Anthroposophie machen müssen.«

Lucian Hölscher, Jenseits von Legende und Geheimwisenschaft, in: Süddeutsche Zeitung, 25.10.2007, S. 18.