Paracelsus | 1906

Rudolf Steiner, Paracelsus, Berlin, 16. April 1906, GA 54, S. 477 ff.

Es ist gewiß reizvoll, sich in die Vergangenheit zu vertiefen und ein wenig Umschau zu halten bei den großen Geistern, die uns vorangegangen sind. Bei der Persönlichkeit, von der wir heute sprechen wollen, kommt aber noch etwas ganz anderes als der Reiz geschichtlicher Betrachtung als Gesichtspunkt in Betracht. Es kommt bei Paracelsus viel mehr darauf an, daß er den Menschen von heute noch sehr, sehr viel geben kann. Und gerade eine Bewegung der geistigen Erforschung der Dinge, wie es die Geisteswissenschaft ist, ist ganz besonders geeignet, den Schatz zu heben, den Geist der Erkenntnis, der Naturerforschung und -erleuchtung, der bei Paracelsus verborgen liegt. Zwar wendet sich mehr oder weniger die Tagesforschung heute auch Geistern wie Jakob Böhme, Paracelsus und andern dieser Zeit des ausgehenden Mittelalters zu. Allein die Betrachtungsweise unserer gegenwärtigen Wissenschaft ist doch so verschieden von dem Geist, dem Standpunkt eines Mannes wie Paracelsus, daß sie, im wahrsten Sinne des Wortes, ihm doch nicht gerecht werden kann.

Paracelsus muß nämlich in einer andern Art begriffen werden, als es gewöhnlich geschieht, wenn man sich heute in einen Geist der Vergangenheit vertieft. Man muß ein lebendiges Gefühl empfinden für den Gegenstand und die Richtung des Denkens, denen er sich hingegeben hat. Das ist in gewisser Beziehung eine solche Vertiefung in das Geistesleben, namentlich in die geistigen Kräfte und Wesenheiten, die der Natur zugrunde liegen, und das kann nur eine Betrachtungsweise, wie es die geisteswissenschaftliche ist. Einer interessanten Zeit gehört Paracelsus schon an. Es war die Zeit von 1493 bis 1541, in der er lebte, die entweder eben hinter sich hatte oder noch mitten darinstand in dem, was wir das Heraufkommen des Bürgertums nennen. Das übte im Grunde genommen auf das ganze Geistesleben einen bedeutsamen Einfluß aus.

Zwei Stände nur kamen für das tonangebende Geistesleben vor dem Herankommen des Bürgerlebens in Betracht: Adel und Geistlichkeit. Nachdem das Bürgertum heraufkam, war die Geisteskultur außerordentlich viel mehr auf die Einzelpersönlichkeit und deren Tüchtigkeit gebaut als vorher, wo auf der einen Seite innerhalb des Adeltums die Blutsverwandtschaft, die Stammeszugehörigkeit über den Wert des Menschen und seine Stellung, die er in sozialer Beziehung einnehmen sollte, mitsprachen, wo nicht das allein, was der einzelne Geistliche aus sich selbst schuf, hinter ihm stand, sondern wo hinter dem einzelnen die ganze Kraft und Geisteskultur der Kirche stand. Die stand als ein Ganzes hinter der einzelnen Persönlichkeit. Erst in der Zeit des Bürgertums war die Leistung des einzelnen auf die persönliche Tüchtigkeit des einzelnen gebaut. Daher wird auch alles, was uns in dieser Zeit des ausgehenden Mittelalters, des heranwachsenden Bürgertums begegnet, so, daß es einen persönlichen Charakter bekommt, daß die Persönlichkeit sich viel mehr einsetzen muß. Viele solcher Persönlichkeiten könnten wir anführen, die so ihre ureigensten Kräfte damals einsetzen mußten.

Eine der merkwürdigsten und interessantesten Persönlichkeiten ist eben Paracelsus. Auch andere Dinge kamen noch in Betracht in der Zeit, in der er lebte. Das war unmittelbar in der Zeit, als der Schauplatz der Völker sich ungeheuer erweiterte, als die großen Entdeckungen ferner Länder gemacht wurden, in der Zeit, als die eben erst erfundene Buchdruckerkunst dem Geistesleben ganz andere Richtungen und Strömungen angewiesen hatte, als das früher der Fall war. All dieses, das sozusagen für uns das Grundtableau abgibt, ist das Tableau, aus dem heraus sich erhebt diese Persönlichkeit des Theophrastus Paracelsus. Zu alledem kommt hinzu, daß wir es in ihm selbst mit einer selten markanten Persönlichkeit zu tun haben, mit einer Persönlichkeit von revolutionärem Charakter im geistigen Sinne. Er war eine Persönlichkeit, die sich bewußt war, was früher auf den Gebieten des Geisteslebens geleistet worden war und wie sehr ihr eigenes Werk davon abstach.

Um zu verstehen, was Paracelsus gewesen ist, muß man den ganzen Grundcharakter seines Wirkens als Arzt und als Philosoph betrachten, und ihn, wie er diese beiden Seelencharaktere miteinander vereinigte, als Theosoph erfassen. Ganz einheitlich war sie, diese Persönlichkeit. Mit genialem Blick suchte er den Bau des Weltgebäudes zu erfassen. Sein erstaunender Blick schaute hinauf zu den Geheimnissen der Sternen weit, vertiefte sich in den Bau der Erde und namentlich auch in den Bau des Menschen selbst. Dieser genialische Blick drang ein auch in die Geheimnisse des geistigen Lebens. Ebensosehr war er Theosoph, indem er versuchte, das Wesen der astronomischen Erkenntnisse und zugleich das Wesen der Anthropologie, der Lehre von dem Menschen im Zusammenhang mit der Lehre von allen Lebewesen zu umfassen. Nichts war in diesem Menschen bloße Theorie, alles war unmittelbar so, daß es auf die Praxis abgesehen war, unmittelbar so, daß das Heil, die geistige und physische Gesundheit des Menschen dasjenige war, wozu er alles verwenden wollte, was er wußte. Und er wußte von Gott und den Sternen, den Menschen, Tieren, Pflanzen und Mineralien. Das gibt seinem Wirken, Denken und Forschen die große, gewaltige Einheit. Das zeigt ihn uns wie aus einem einzigen Stück Holz scharf geschnitten. So steht er vor uns als eine ursprüngliche, elementare Persönlichkeit.

Zwei Richtungen gab es für ihn auf dem Gebiete, auf das es ihm vorzugsweise ankam, auf dem Gebiete der Arzneikunst. Die eine knüpfte an den alten griechischen Arzt Hippokrates an, die andere an Galenos. Der Vater der Medizin, Hippokrates, stand vor ihm wie ein großes Ideal. Der heutige Gelehrte kann weder dem, was jener Grieche war, noch auch dem, was Paracelsus in ihm sah, gerecht werden. Es nimmt sich heute gewiß recht problematisch aus, wenn wir hören, daß im Sinne dieser Medizin dasjenige, was den Menschen zusammensetzt, unterschieden wurde in schwarze Galle, weiße Galle, Blut und Schleim, Säfte, vier Safte, die wiederum einen gewissen Bezug haben sollten zu Erde, Wasser, Luft und Feuer. Das sollten Bestandteile der menschlichen Natur sein.

Der heutige Naturforscher denkt selbstverständlich, daß das eine kindliche Anschauungsweise sei, die im Laufe der Zeit durch eine eindringliche Erkenntnis überwunden werden mußte. Er ahnt nicht, daß es dabei doch noch auf etwas ganz anderes ankommt. Deshalb ist auch Paracelsus für die heutige gelehrte Auffassung so außerordentlich schwer zu verstehen. Mit diesen vier Gliedern der menschlichen Natur nämlich waren keineswegs Säfte und Bestandteile, Stoffe im gewöhnlichen physikalischen, im gewöhnlichen materiellen Sinne gemeint, sondern etwas ganz anderes. Der Naturforscher jener alten Zeit sah im menschlichen Leibe, wie er sich aus den physikalischen, sinnlich wahrnehmbaren Stoffen aufbaut, nur den äußeren Ausdruck für etwas Geistiges, den eigentlichen Erbauer dieses äußeren Leibes.

In geisteswissenschaftlichen Vorträgen haben wir von diesem Erbauer des menschlichen Leibes oft gesprochen. Wir haben davon gesprochen, daß ein sogenannter Ätherleib, ein feiner Leib, diesem physischen Leib in allen seinen mannigfaltigen Stoffen, Substanzen und Säften zugrunde liegt, und daß dieser Äther- oder Lebensleib die Kräfte enthält, die den physischen Leib auferbauen. Es ist also so, daß jegliches Organ herauserbaut ist aus diesem Ätherleib. Diesen Ätherleib zu studieren, dazu gehört nicht bloß sinnliche Forschung, dazu gehört noch etwas anderes, nämlich das, was man Intuition, geistige Forschung nennt. Und wenn man von dem, was für diese geistige Forschung in Betracht kommt, sinnliche Ausdrücke gebraucht, wie schwarz, weiß, gelb, grün und so weiter, so meint man damit nur Gleichnisse für etwas, was dahintersteht. Es ist ganz falsch, wenn man sie mit unseren materiellen Dingen identifiziert.

Die Art und Weise, wie die alten Ärzte in den Kliniken an den kranken Menschen herangingen, war eine andere. Es war der intuitive Blick, der nicht auf das Physische losging, sondern der auf das dem Physischen zugrunde liegende Feinere, Ätherische losging. Von der Idee ging man aus: ist irgend etwas krank, so kommt es weniger darauf an, was an Veränderungen äußerlich wahrnehmbar ist, sondern auf das, was es bewirkt hat. Der Unordnung im äußeren physischen Leib entspricht etwas Unordentliches im Ätherleib. Man erkennt, wie der Ätherleib verändert ist an dem kranken Organismus, und geht darauf aus, durch Maßnahmen der Arzneikunst das, was hinter dem physischen Leibe ist, zu kurieren: den Bildner, die Kraft, die hinter dem physischen Leibe steht. Wenn ich mich etwas grob ausdrücken darf, so kann man sagen: Wenn jemand am Magen erkrankt ist, so krankt man nicht am Magen, sondern an dem feineren Leib, von dem die Magenerkrankung nur der Ausdruck ist.

Den Geist einer solchen intuitiven Medizin hatte Paracelsus in sich aufgenommen. Nun wirkte aber überall, wie eine Autorität, der römische Arzt Galenos. Er baut zwar äußerlich auf diesen alten Grundsätzen seine Medizin auf, und wenn man so äußerlich Galen liest, dann bekommt man die Vorstellung: Ja, was will denn Paracelsus, daß er so gegen den Galen kämpft und die ältere Medizin in Schutz nimmt? Ist es nicht dasselbe? – So könnte es fast scheinen, aber es ist doch nicht so. Denn, was bei Galen zur Medizin geworden ist, das ist die materielle Äußerlichkeit, die Vermaterialisierung der ursprünglich geistigen Anschauung. So verstanden dann die Schüler des Galen schon unter dem, was früher noch intuitiv gemeint war, etwas äußerlich Materielles. Und statt mit dem intuitiven Blick zu durchschauen, forschten sie bloß in der Materie, spekulierten, erfanden Theorien. Der moralische Blick war abhanden gekommen.

Gegen die Methode, gegen dieses Abhandenkommen des intuitiven Blickes wendet Paracelsus sich. Zurück wollte er wiederum, aus der Erkenntnis der großen Natur heraus wollte er wieder die Mittel finden, wie man den Menschen heilen kann. Deshalb war ihm das alles zuwider, was dazumal offiziell als Medizin herrschte. Er wollte nicht das, was in den Büchern steht, zugrunde legen, sondern das Grundbuch, das große Buch der Natur selbst aufschlagen. Alles dasjenige, was so allmählich als Medizin aufgetaucht war, war herausgesponnen aus einer ganz und gar abgeleiteten Spekulation, aus einer Forschung, die nichts mehr wußte von dem ursprünglichen geistigen Blick. Da konnte man nicht mehr den Zusammenhang erblicken zwischen dem Arzneimittel und einer Krankheit, weil man eben nicht mehr sah, was hinter dem Körper stand, weil man nur materiell alles betrachtete. Das verursachte, daß Paracelsus sagte: Das Licht der Natur selbst soll wieder leuchten.

Das brachte ihn in einen scharfen Konflikt mit der Medizin seiner Zeit. Ein solcher Tiefblick, wie er ihn hatte, das einsichtige Wesen, das ihm eigen war, das den großen Zusammenhang mit dem Kosmos erfaßte, gab ihm das intensive Selbstbewußtsein, das etwas Entzückendes hat, in der Art, wie er auftrat gegen diejenigen, welche in landläufiger Weise die damalige Wissenschaft betrieben. Die damalige Arzneikunde hat eine große Ähnlichkeit mit derjenigen unserer heutigen Zeit, mit dem Unterschiede aber, daß unsere heutige Zeit auf dem medizinischen Gebiete keinen Paracelsus hat. Aber jene Verwirrung und Unsicherheit war fast ebenso, wie sie heute ist. Das erinnert sehr gut an jene alte Zeit des Paracelsus.

Wenn wir heute die Medizin verfolgen und sehen, wie ein Heilmittel erfunden wird und nach fünf Jahren schon wieder als schädlich gilt und verworfen wird, wie soundso viele Menschen untersucht werden, aber der große Blick für den Zusammenhang der Menschen mit der Natur ganz und gar abhanden gekommen ist, so erinnert das recht gut an die Zeit des Paracelsus. Es ist wahr, die meisten ahnen nicht, wie sie wieder in einer solchen Zeit darinnenstecken und wie der Autoritätsglaube gerade auf diesem Gebiete eine ungeheure Macht hat. Man bekämpft auf der einen Seite den Autoritätsglauben, und man fühlt sich groß, wenn man zu Felde zieht gegen den alten Aberglauben, der die Leute nach Lourdes schickt. Man mag damit recht haben, aber man ahnt nicht, daß sich nur die Form des Aberglaubens verändert hat, und daß der Aberglaube kaum kleiner ist, wenn man jemanden nach Wiesbaden und andern Orten schickt. Man kann darin etwas Ähnliches erblicken, wie es vorhanden war bei Paracelsus und seiner Zeit, wo man geneigt war, sich dem Hergebrachten entgegenzustellen.

Paracelsus sagte: »Wie ich aber die vier für mich neme, also müsset irs auch nemen und müsset mir nach, ich nicht euch nach, ir mir nach. Mir nach Avicenna, Galene, Rasis, Montagnana, Mesue etc., mir nach und nit ich euch nach, ir von Paris, von Cöln, ir von Wien und was an der Donau und Rheinstrom ligt, ir insulen im meer, du Italia, du Dalmatia, du Sarmatia, du Athenis, du Griech, du Arabs, du Israelita, mir nach und ich nicht euch nac h... Ich werd monarcha und mein wird die monarchei sein, und ich füre die monarchei und gürte euch eure lenden.«

Das zur Charakteristik, mit welcher Kraft sich diese Persönlichkeit äußerte. Diese Kraft glaubte sie zu verdanken ihrer ursprünglichen Verwandtschaft mit den Geheimnissen der Natur. Diese sprach sich für Paracelsus so aus, daß er nicht nur erblickte, was sein Auge sah, sondern mit seinem Wesen, das sich mit der Natur verband, sah. Er machte große Reisen. Nicht von der Lehrkanzel her wollte er sich etwas Wissenschaftliches sagen lassen, sondern aus dem dunklen Ahnen des einfachen Volkes draußen, das noch nicht die Bande des Fühlens und Empfindens mit der Natur zerrissen hatte, daraus wollte er lernen.

Ich möchte die Art und Weise, wie es in der Seele des Paracelsus aussah, durch einen Vergleich klarmachen. Es ist eigentlich recht schön zu sehen, wie die Tiere mit ihrem Instinkt draußen auf dem Felde ganz genau wissen, was sie zu grasen haben und was sie stehen zu lassen haben, was ihnen zum Heile dient und was ihnen zum Unheil gereichen würde. Das beruht auf dem, was man die Verwandtschaft des Wesens mit seiner Umwelt nennt. Diese Verwandtschaft ist es, die in den Kräften der Seele vorhanden ist und dasjenige zu wählen vermag, was taugt und was nicht taugt.

Durch den Verstand und durch die Spekulation reißt sich das Wesen von der Natur los. Es ist kein Aberglaube, wenn man sagt, daß der einfache Mensch, der auf dem Lande lebt, noch etwas hat von den ursprünglichen Kräften, die in sehnsüchtiger und instinktiver Weise das Tier zum Nahrungsmittel hinführen, daß diese Verwandtschaft auch noch etwas gibt von dem Wissen, wie das einzelne Kraut, wie der einzelne Stein auf den Menschen wirkt. Das ist ein Gefühl, das vorhanden ist, das da ist, das etwas ganz anderes ist, als man gewöhnlich unter Wissen versteht, das aber deshalb nicht mehr so wichtig ist für den Menschen. Daher findet man bei dem Menschen, der noch nicht durch die Bildung durchgegangen ist, eine ursprüngliche Sicherheit darin, was innerhalb der Natur dem Menschen frommt.

Mit diesem ursprünglichen Naturgefühl fühlt sich Paracelsus verwandt. Er betont es immer wieder, daß diejenigen Leute nicht die richtigen sind, welche die Welt nur so durchschweifen, daß sie in Kutschen und getrennt von dem unmittelbaren Landvolk die Welt bereisen. Paracelsus reiste anders. Er horchte hin auf das, was ihm der einfache Mann sagen konnte. Der Instinkt des einfachen Mannes wurde bei ihm zur Intuition des genialen Menschen. Er zerschnitt nicht das Band zwischen der Natur und der ursprünglichen intuitiven Kraft im Menschen. Das drückt er so aus: »Von der natur bin ich nichts subtil gespunnen, ist auch nicht meins lants art, das man was mit seidenspinnen erlange, wir werden auch nicht mit feigen erzogen, noch mit met, noch mit Weizenbrot, aber mit kes, milch und haberbrot: es kan nit subtil gesellen machen, zu dem das eim alle sein tag anhengt, daß er in der jugent entpfangen hat; dieselbig ist nur vast grob sein gegen subtilen, kazreinen, superfeinen, dann dieselbigen in weichen kleidern und die (in) frauenzimern erzogen werden und wir die in tanzapfen erwachsen, verstehent einander nit wol.«

Er wußte, daß er immer auf seinen weiten Reisen durch Polen, Ungarn bis in die Türkei hinein gewandelt ist in der Sonne, nicht nur in der Sonne der physischen Welt, sondern auch in der Sonne des Geistigen. Was Paracelsus auszeichnet, ist der einheitliche Blick in das Geistige. Der Mensch ist für ihn daher nicht der Mensch, in den man bei der Untersuchung sinnlich hineinschlüpft, sondern er steht für ihn im Zusammenhang mit der ganzen Natur. Er sagt: Schaut euch einmal den Apfel an und dann den Apfelkern. Ihr könnt nicht begreifen, wie der Apfelkern wächst, wenn ihr nicht den ganzen Apfel betrachtet. Der Kern zieht aus der Umgebung, dem Apfel, die Kraft, und so ist es mit dem Menschen und der ganzen Welt wie mit dem Apfel und dem Apfelkern.

Derjenige versteht nicht – im Sinne des Paracelsus – den Apfelkern, der nur den Kern untersucht und nicht den Apfel. Daher gibt es für ihn keine Medizin und keine Naturwissenschaft, die nicht zugleich Astronomie und Gotteserkenntnis ist. In diesem Zusammenhang muß man den Menschen verstehen. Daher zerfällt ihm der Mensch in drei Glieder der menschlichen Wesenheit.

Diese drei Glieder müssen wir uns einmal näher ansehen. Zunächst haben wir den physischen Menschen, bestehend aus denselben physischen Bestandteilen, Stoffen und Kräften, die man auch sonst rings in der Natur findet. Also derjenige, der die Natur durchschreitet, der die Mineralien, Pflanzen und Tiere der Natur studiert, der studiert eigentlich im Sinne des Paracelsus dasjenige, was den physischen Menschen zusammensetzt. So, wie wenn man die ganze physische Natur ringsherum genommen hätte und aus allen einzelnen Metallen, Pflanzen und Tieren eine Art Essenz, eine Art Extrakt herausgezogen und daraus den physischen Menschen gebildet hätte, so sieht er den physischen Menschen an, und er nennt diesen physischen Menschen den elementarischen Menschen. Das ist ihm das unterste Glied, das sich vergleichen läßt mit dem Apfelkern, den man aber nicht verstehen kann, wenn man nicht den ganzen Apfel versteht. So versteht man auch den elementarischen Menschen nicht, wenn man nicht die Erde mit allen ihren Stoffen und Kräften erkennt, denn er hat alle seine Kraft aus der Erde.

Dann baut eine Kraft in diesen physischen Elementarmenschen eine feinere Stofflichkeit hinein. Das nennt Paracelsus den Archäus. Er unterscheidet also von dem elementarischen Leib den feineren Leib, den Aufbauer des physischen Leibes, so wie er auch der Aufbauer der Erde ist. So sieht er von dem äußerlich sinnlich Wahrnehmbaren auf den Grund, von dem Leib auf den Lebensleib, von dem äußerlich Physischen auf das, was ihm als Kraft zugrunde liegt. Das ist das erste Glied der menschlichen Wesenheit im Sinne von Paracelsus.

Das zweite Glied betrachtet er in einer gewissen andern Richtung wie einen Apfelkern. Für dieses zweite Glied ist der Apfel die ganze Gestirnswelt. Und ebenso wie der elementarische Leib seine Kräfte und Säfte aus der Erde zieht und dem, was zu ihr gehört, so zieht der zweite Mensch seine Kräfte aus dem, was in den Sternen lebt, aus den Gesetzen der Sterne. So wie das Blut, die Muskeln, die Knochen und Nahrungssäfte sich zusammensetzen und die Nahrungssäfte sich umtauschen, umwandeln, und wie diese abhängig sind von dem Irdischen, so sind ihm die Instinkte und Triebe, die Begierden und Leidenschaften, ja die Vorstellungen, Lust und Leid, alles das, was Paracelsus zusammenfaßt unter den zwei Grundkräften der seelischen Natur des Menschen, Sympathie und Antipathie, ein Ausdruck der ganzen Sternenwelt, wie der Apfelkern ein Ausdruck ist des ganzen Apfels. Deshalb nennt er den zweiten Leib den astralischen Leib oder den der Sternenwelt angehörigen Leib.

Das, was draußen als Gravitation, als Schwer-, als Anziehungskraft und Repulsionskraft wirkt, das ist im Menschen, wie in einem Extrakt im Menschen vorhanden als Lust und Unlust, als Sympathie und Antipathie, so daß nichts, was im Menschen ist an Instinkten und Leidenschaften anders begriffen werden kann als durch das, was Paracelsus die astrologische Astronomie nennt. Das ist eine Wissenschaft, von der die heutige Zeit wenig weiß. Die Astronomie ist andere Bahnen gegangen. Paracelsus will als Arzt nichts wissen davon. Er will wissen, wie die astralischen Kräfte im Weltenraum mit dem Astralleibe des Menschen zusammenhängen. Er verhält sich zu einem Astronomen wie ein Priester zu einem Requiempfaff sich verhält. Ein Requiempfaff ist ein solcher, der die Messe abliest und sich dafür bezahlen läßt, während ein richtiger Priester einer ist, der in den Geist eindringt. Paracelsus gebraucht da deutliche Ausdrücke, was andere oft Grobheit nennen. Nun haben wir den zweiten Teil der menschlichen Weisheit begriffen.

Der dritte Teil ist das, was er Geist nennt. Dieser Geist wiederum verhält sich wie der Kern des Apfels zu dem noch viel gewaltigeren, größeren Apfel, zu der ganzen geistigen Welt, wie der Gottesfunke im Menschen zu der ganzen Summe göttlicher Kräfte in der Welt.

So unterscheidet Paracelsus dreierlei in der Welt: das Göttlich-Geistige, das Gestirnhafte und das Elementarisch-Irdische. Im Menschen ist von den drei Dingen ein Extrakt: von dem Geistig-Göttlichen der menschliche Geist, von dem Gestirnhaften der astralische Leib, von dem Elementarisch-Irdischen der physische Leib. Und ebenso wie man das Materielle, die Pflanzen und Tiere und so weiter studieren muß, wenn man den Leib des Menschen verstehen will, so muß der Arzt studieren und verstehen, was in der Sternenwelt vorgeht, wenn er den Menschen verstehen will. Und da Paracelsus sich sagt, eine Krankheit versteht man nur, wenn man auf deren Ursprung zurückgeht, so sucht er den Grund der Erkrankung in den Trieben und Leidenschaften. Er sieht die Krankheit als eine Folge des seelischen Irrtums an und ganz zuletzt, also im höchsten Sinn, führt er sie auf moralische Eigenschaften zurück, wenn er auch diese Eigenschaften nicht auf die Gestirne zurückführt, denn das weiß er wohl, daß so schnell die Wirkung nicht einzutreten braucht.

Er sieht überall in dem Physischen einen Ausdruck des Geistigen. So sagt er, derjenige, der den Grund einer Krankheit erforschen will, der muß den ganzen Grund der Sympathien und Antipathien der Seele studieren, und diesen kann er nur studieren, wenn er die Gestirne des Menschen studiert. So stellen Sie sich vor, wie er an einen kranken Menschen herantritt. Mit intuitivem Blick schweift diese Seele von dem äußerlich erkrankten Gliede ab zu dem, was innerlich in der Seele des Menschen lebt. Und von da geht er zu den astralischen Einflüssen der Gestirne und zu den elementarischen Einflüssen der Erde. Das hat er in jedem einzelnen Falle vor sich. Das ist eine richtige geistige Medizin.

Wie er sich das vorstellt, und wie er das mit seinem eigenen Bilde klarzumachen versucht, das drückt er in schöner Weise aus in diesem Enträtseltsein der ganzen Welt: Das ist ein Großes, das ihr bedenken sollt. Nichts ist im Himmel und auf der Erde, das nicht auch im Menschen ist, und Gott, der im Himmel und auf der Erde ist, der ist auch im Menschen.

Ich habe oft einen andern schonen Spruch angeführt, worin er im Vergleich das gibt, was er hier hat sagen wollen. Er sagt: Sehet hinaus in die Natur. Was ist da? Er sieht ein Mineral, ein Tier, eine Pflanze, das sieht er an wie einzelne Buchstaben und der Mensch ist das Wort, das aus diesen einzelnen Buchstaben zusammengesetzt ist. Will man dann den Menschen lesen, so muß man sich die einzelnen Buchstaben im großen Buche der Natur zusammensuchen.

Das ist nicht ein Zusammenklauben, sondern ein Zusammenschauen bei Paracelsus. Das ist das, was es ihm immer möglich macht, die ganze Welt gegenwärtig zu haben im einzelnen besonderen Fall, den er als Arzt zu behandeln hat. Was hinter alledem wirkt, das ist die genialisch-moralische Kraft, aus der das alles bei ihm entspringt. Es ist zuletzt etwas wie moralische Entrüstung, die sich in ihm auflehnt gegen die damals hergebrachte Art, zu kurieren und für alle möglichen Dinge Mixturen zu finden. Er sagt: Ich bin nicht da, um die Apotheker zu bereichern, ich bin da, um die Menschen zu heilen.

Man muß nun, um die Schriften des Paracelsus auch nur einigermaßen lesen zu können, sich klar sein darüber, daß damals von ihm Wortbezeichnungen noch ganz anders gebraucht worden sind, als das später der Fall war. Wenn man heute bei Paracelsus liest von Salz, Quecksilber und Schwefel, dann hat man so ohne weiteres keine richtige Vorstellung, man denkt an das, was heute der Mensch so bezeichnet. Und dann kommt einem alles, was man bei Paracelsus liest, als unvollkommen und kindlich vor. Wer heute die Wissenschaft kennt, der hat ein gewisses Recht, Paracelsus als kindlich zu betrachten, aber man muß da auch etwas tiefer eindringen. Ich will eine Vorstellung geben, wie man dazu kommen kann, zu verstehen, was er meint, wenn er die Ausdrücke gebraucht: Salz, Merkur und Sulfur.

Paracelsus blickt weit zurück in das Werden der Erde, in das Werden der Wesen, die um ihn herum leben, und des Menschen selbst. Wenn er so zurückblickt, so stellt sich ihm eine Zeit vor Augen, in der die Menschen noch ganz andere Formen des Daseins hatten als jetzt. Niemand war sich so klar über das, was geworden ist, als Paracelsus. Die Erde war vor Millionen von Jahren ganz anders. Wir haben schon oft von der Umbildung der Erde gesprochen. Er blickte zurück auf eine Menschengestalt, die noch ganz und gar tierisch war, wo die Hände noch Fortbewegungsorgane waren, wo der Mensch noch in Luft und Wasser lebte. Die Erde, die Umgebung, war noch eine ganz andere. Selbst die heutige Physik blickt zurück auf ein Zeitalter, in dem das, was heute in fester Form da ist, noch in einem flüssigen Zustande war. Paracelsus, der vom Geistigen ausging, sah natürlich im Zusammenhang einer solchen Erde, die noch ganz anders sich ausnahm als heute, einen geistigen Menschen. Auf einer Erde, die so viel wärmer war als heute, konnte der heutige Mensch nicht leben.

Damals lebten die Menschen auch unter andern Bedingungen, damals flossen die Metalle noch, sie konnten kaum als Dampf in der Luft enthalten sein. Damals konnten auch die Lebewesen nicht in einer festen Form sein; sie haben sich aber fortentwickelt. Genauso wie heute der elementarische Mensch in Zusammenhang steht mit der physischen Welt wie der Apfelkern mit dem Apfel, so stand auch der vorzeitliche Mensch mit der vorzeitlich gearteten Erde in einem andern Zusammenhang und in einem andern Zusammenhang mit der ganzen umliegenden astralischen Welt, so daß dasjenige, was heute den Menschen bildet, also der physische Mensch, seine Seele als astralischer Leib und sein Geist als göttlicher Mensch, erst geworden ist. Das war früher in einer ganz andern Weise da. Der Mensch stand der Gottheit noch viel näher. Der astralische Mensch ist herausgeboren aus der astralischen Welt, und der physische Mensch ist herausgeboren aus der ganzen physischen Welt.

Paracelsus hat in einem viel größeren und edleren Sinne von dem Herausgeborensein des physischen Menschen aus der physischen Umgebung gesprochen als die heutige Abstammungslehre. Paracelsus sah durchaus das ein, und er betont es auch immer wieder, aber für ihn ist der Mensch ein Zusammenfluß von alledem, was draußen in der Natur lebt. Der Mensch hat Leidenschaften, er hat sie in sich, nur in gemilderter Form, wie sie zum Beispiel auch der Löwe hat, und wie sie in der Umwelt vorhanden sind. Wenn der Mensch im Sinne des Paracelsus auf den Löwen sieht, so sieht er dieselbe Kraft, die heute als seine Leidenschaft in ihm wohnt, herausgeboren aus der ganzen astralen Welt. In dem Löwen ist sie einseitig, beim Menschen ist sie gemischt mit andern Kräften. So ist die ganze Tierwelt für Paracelsus die wie ein Fächer auseinandergelegte Menschheit. Er sieht alles, was in den Formen der Tiere verteilt ist, in sich selbst, unsichtbar in seinem inneren Menschen.

So ist es in gewisser Beziehung auch, wenn der Mensch auf die Erde hinsieht. Auch die Metalle, die heute physisch geworden sind, sind herausgeboren aus derselben Wesenheit, aus welcher der physische Mensch herausgeboren ist. Bitte, verstehen Sie mich jetzt richtig, denn es liegt der heutigen Vorstellungsweise fern. Paracelsus sieht weit zurück bis dahin, wo der physische Menschenleib erst das Herz gebaut hat. Es gibt ja niedere Tiere, die kein Herz haben, die die Form noch bewahrt haben, welche der Mensch damals hatte. Das war für Paracelsus dieselbe Zeit, aus der sich aus einer viel allgemeineren Essenz der Erde auch das Gold herausgebildet hat, so daß zwischen der Entstehung des Goldes und dem Herzen im Menschen ein Zusammenhang besteht. Ebenso sieht er intuitiv einen Zusammenhang zwischen einer Abnormität, wie die Cholera es ist, und dem Arsen. Er sagt sich, die Möglichkeit, daß die Cholera entstehen konnte, hängt davon ab, daß das Arsen herausgebildet ist aus der äußeren Welt. So sieht er jedes einzelne Organ als zur menschlichen Einheit gehörig an und es ist so, daß es zu ihm gehört wie irgendein Tier, eine Pflanze oder irgendein Stoff in der äußeren Welt.

Noch einen Ausspruch möchte ich vorlesen, welcher Ihnen zeigen wird, wie er in ganz bestimmter Weise sich ausspricht. Das ist ein Ausspruch, der herausgeholt ist aus einer Anzahl von Aussprüchen des Paracelsus, die man aber vertausendfachen könnte. Für ihn steht in ganz bestimmter Weise der einzelne Mensch, in bezug auf seine einzelnen Organe und der Erkennung von deren Krankheiten, in einer bestimmten Beziehung zur physischen Welt und zur astralischen Welt. Die ist in bestimmtester Weise differenziert. Heute bewundert man die allgemeinen Redensarten von dem, was Pantheismus, von dem, was Naturanschauung ist, aber das ist purster Dilettantismus, wenn man nicht weiß, daß sich der große Paracelsus nicht begnügen läßt von einem All-Leben, das sich auslebt im einzelnen Menschen. Paracelsus spricht von einem Konkreten: Daraus entspringt, daß ihr nicht sollen sagen, das ist Cholera, das ist Melancholia, sondern das ist Arsenicus, das ist Aluminosum; also auch der ist Saturni, der ist Martis, nicht der ist melancholiae, der ist cholerae. Dan ein Teil ist des Himels, ein Teil ist der Erden und in einander vermischt wie Feuer und Holz, da jedweders seinen Namen verlieren mag; dan es sind zwei Ding in einm.«

Wie er den Zusammenhang des Herzens mit dem Golde erklärt, so erklärt er auch den Zusammenhang gewisser Erscheinungen mit dem Saturn und anderer wieder mit dem Mars und dem, der mit dem Mars verwandt ist. So stellt sich für den eigenartig aufgebauten Geist des Paracelsus der Mensch in die Natur, in die Welt hinein. Und wenn es auch bei Paracelsus etwas zu korrigieren gibt: auf das Große, Umfassende kommt es an, das in dieser Seele lebt.

Das bringt er auf einzelne bestimmte Typen zurück. So ist ihm alles, was ihm als Niederschlag entsteht im Mineralischen, elementarisch. Zugleich entstand es in der Zeit der Entwicklung, als sich das Menschlich-Leibliche bildete und die Gestalt annahm auf der Erde, die es heute hat. Daher hängt bei ihm dasjenige, was sich im Mineralischen absetzt, alles Salzige, zusammen mit dem Menschlich-Leiblichen, mit dem Tierisch-Leiblichen. Und alles, was flüssig bleibt, nachdem sich gewisse Niederschläge gebildet haben, das nennt er ein Merkurialisches, ein Wechselbares. Das Quecksilber ist ihm ein typisches Beispiel dafür. So haben wir eine Tendenz zum Festwerden für das flüssige Metall. Für ihn ist auch die Seele herausgeboren aus denselben Kräften der Welt, aus denen das Merkurialische, das Quecksilber, geboren ist.

Der tiefere Zusammenhang ist so, daß man ihn öffentlich gar nicht besprechen kann.

Der Schwefel hat in der Welt eine parallele Ursache mit der Entstehung und der heutigen Form des Geistes. Das hängt aber nicht so zusammen, daß es als Gleichnis gebraucht werden kann. Nein – diese drei Dinge draußen in der Welt entsprechen ganz genau dem Leib, der Seele und dem Geist im Menschen.

Schwefel hängt seiner Natur nach mit dem Geiste, Quecksilber mit der Seele und Salz mit dem Leibe des Menschen zusammen.

Was außerdem der Mensch zu sich nimmt, steht in einer gewissen Beziehung zu diesen, weil sie aus ihnen herausgeboren sind. Deshalb zeigt uns ein solches Beispiel, daß wir es nötig haben, tiefer hineinzugehen. Es genügt nicht, wenn wir nur die Ausdrücke des Paracelsus verstehen; wir müssen mit einer vertieften Vorbereitung an die Bücher des Paracelsus herangehen, dann verstehen wir ihn. Wir müssen uns klar sein darüber, daß er immer das Ganze im Auge hat, so daß er sich sagt: Hat der Mensch eine Krankheit, so ist das eine Unterbrechung, eine Störung eines gewissen Gleichgewichtes, das er magnetisches Gleichgewicht nennt und – wie niemals nur ein Pol an der Magnetnadel entsteht, sondern immer Nord- und Südmagnetismus zusammengehört –, so gehört auch zu jeder Verdauung im Menschenleib eine Verdauung draußen in der Welt, die er dann aufsucht. Und im ätherischen Menschen sucht er die Ursache für das einzelne, im Stofflichen sucht er den Ausdruck des Geistes. Insofern nennt er das Stoffliche die Mumie. Das ist ein bedeutsamer Ausdruck, den man erst verstehen muß. Es ist eine gewisse Essenz, die dem Leiblichen zugrunde liegt; die Mumie ist anders beim Gesunden und anders beim Kranken, weil das Ganze und das Vereinzelte verändert wird. Deshalb braucht man nur die Mumie zu erkennen, die Veränderungen im Ätherleibe, um zu erkennen, was einem Menschen fehlt.

Kurz, wir sehen da hinein in das Tiefe eines Geisteslebens, von dem man ganz besonders viel lernen kann. Wir müssen uns klar sein, daß erst wieder eine vertiefte Geistesforschung verstehen kann, was in Paracelsus liegt, und daß dann Paracelsus, wenn er so vertieft verstanden wird, nicht mehr erscheinen wird als ein Geist, den man nur als ein interessantes geschichtliches Objekt betrachtet, sondern als einen Geist, den man zu betrachten hat von einem höheren Standpunkte aus, und von dem man auch in der heutigen Zeit – wenigstens in der Methode – noch viel, viel lernen kann.

Das ist die Art, wie man sich zu Paracelsus stellen sollte. Wer das tut, der wird in Paracelsus’ holdselig-grober Weise einen Unterschied finden zwischen der heutigen Art der Forschung und seiner Art, einen Unterschied, den er schon gemacht hat für seine Zeitgenossen. Er unterscheidet nämlich zwischen zwei Vernunften, zwischen der Vernunft, die in das ganze Gebiet des Geisteslebens hineinsieht und derjenigen, die nur auf das einzelne geht. Er nennt das eine die erste Vernunft. Die nennt er so, weil sie zu dem verborgenen Geist der Dinge führt, und die andere Vernunft nennt er: eine öffentliche Torheit gegenüber der verborgenen Weisheit. Er drückt sich einmal noch holdseliger oder gröber aus, indem er sagt: Man hat zu unterscheiden eine menschlich-göttliche Vernunft und eine viehische Vernunft. – Er drückt sich nicht so aus, daß er von der tierischen und geistigen Natur des Menschen spricht, sondern von der viehischen. Er sieht die Verwandtschaft ein so, daß der Mensch als der Sohn der tierischen Gattung zu betrachten ist. Auseinandergebreitet in einzelne Facetten ist das Tierische; zusammengefaßt ist das Tierische im Menschen. Er sagt einmal: Der Mensch ist also der Sohn der ganzen übrigen Tierwelt. Daß er aber so sein will wie die andern viehischen Wesen, das würden sie nicht begreifen, dann würden die viehischen Wesen wie auf einen mißratenen Sohn hinblicken und erstaunt sein über das, was er geworden ist.

Auch sonst finden Sie die Möglichkeit bei Paracelsus, elementarische Anleitung zu empfangen zu gewissen wirklich theosophischen Grundbegriffen.

Was Paracelsus über den Traum und über den Schlaf vorbringt, ist im eminentesten Sinne dasjenige, was auch die Geisteswissenschaft darüber zu sagen hat, nur drückt er es in seiner grandiosen Sprache aus.

Wenn der Mensch schläft, ist der elementarische Leib im Raum, und dasjenige ist tätig, was der astralische Mensch ist. Dann kann der astralische Mensch Zwiesprache halten mit den Sternen, so daß er sich nur zu erinnern braucht an die Zwiesprache mit den Sternen, um Hilfe zu bringen dem Kranken, ihn zu kurieren. Alles das weiß er zurückzuführen auf die Propheten. Mehr als alles Spätere sind sie ihm wert. Moses, Daniel, Enoch nennt er nicht Zauberer, sondern er sagt: Wenn man sie richtig versteht, sind sie die Vorläufer dieser großen astronomisch-astrologischen Medizin, die für die Menschheit gewirkt hat.

Ein solcher Mann durfte in gewisser Weise ein Selbstbewußtsein haben, und die Kraft des Wirkens fließt aus diesem Selbstbewußtsein heraus. Er war sich aber auch klar darüber, daß das fortleben muß und bei denjenigen, die es erkennen können, fortleben wird, was er gestiftet hat. Trotz allem hat sich viel, sehr viel Klatsch und auch geschichtlicher Klatsch an ihn herangemacht. Man hat noch seinen Schädel untersucht, um ihn zu verleumden, weil dieser Schädel ein Loch gehabt hat und man auf solche äußeren Dinge viel geben muß, hat man es als bewahrheitet gefunden, daß er in der Trunkenheit einem Sturze zum Opfer gefallen ist und sich den Schädel eingeschlagen hat. So hat man sein ganzes Leben beurteilen wollen. Das Gleichnis des Christus Jesus mit dem toten Hunde kann man anführen, wo der Christus Jesus auf die schönen Zähne des Tieres wies. All das andere geht uns nichts an bei einer solchen Persönlichkeit, als dasjenige, was wir von ihm lernen können, dasjenige, wodurch er ein Wohltäter der Menschheit geworden ist, das Viele, das er überwunden hat und wodurch er unsterblich geworden ist.

Lassen Sie mich mit seinen eigenen Worten schließen, die er seinen Gegnern ins Gesicht schleudert, da, wo er seinen Gegnern sagt: »ich wil euchs dermassen erleutern und fürhalten, das bis in den lezten tag der weit meine gschriften müssen bleiben und wahrhaftig, und die euer werden voller gallen, gift und schlangen gezücht erkennet werden und von den leuten gehasset wie die kröten. Es ist nit mein wil, das ir auf ein jar sollet umbfallen oder umbgestossen werden, sondern ir müsset nach langer zeit euer schand selbs eröfnen und wol durch die reutern fallen, mer will ich richten nach meinem tot wider euch dan darvor. und ob ir schon mein leib fressent, so habt ir nur drek gefressen: der Theophrastus wird mit euch kriegen on den leib.«