Eine mögliche Quelle für Steiners »Konzeption« der Landwirtschaft ortet Zander im Professor für landwirtschaftliche Betriebslehre an der Universität Breslau.

Auf S. 1594-95 schreibt Zander:

»Hier finden sich Positionen, die Steiner sehr nahe standen, etwa diejenige Richard Krzymowskis in seiner 1919 erschienen ›Philosophie der Landwirtschaftslehre‹ ... Die Übereinstimmungen mit Steiner sind hinsichtlich der Denkmodelle und Konkretionen Krzymowskis frappant, doch gibt es keine Belege für eine Lektüre von Krzymowskis kleinem Buch durch Steiner.«

Die Nähe, die Zander zwischen den Anschauungen Richard Krzymovskis und Steiners sieht, entspringt einer oberflächlichen Betrachtung. Krzymovski bekämpfte aus Verbundenheit mit den landwirtschaftlichen Traditionen materialistisch-rationalistische Entwicklungen in der Agrikultur. Steiner kämpfte nicht gegen etwas, sondern versuchte die Erkenntnisgrundlagen zu erweitern und Wege aufzuzeigen, wie die Landwirtschaft wieder zu den Lebensprozessen des Kosmos in Beziehung gebracht werden könnte.

Zander entblödet sich nicht, für seine »wissenschaftliche« Auseinandersetzung mit Steiner auch dessen gehässigste Gegner und ihre oft erfundenen Tatsachenbehauptungen auszuwerten. Zu diesen gehörte der Arlesheimer Dorfpfarrer und militante Antisemit Max Kully, den Zander, wie andere NS- oder NS-nahe Autoren für »gut informiert« hält.

Zander führt Kully mindestens 46 mal als Gewährsmann an. Unter anderem auf S. 1615 mit der Behauptung, Steiner habe Christian Morgenstern und seine Frau in einem freimaurerischen Ritus getraut (diese Behauptung taucht bereits auf S. 1000, Anmerkung 201 auf).

Kully verfasste mehrere Pamphlete gegen Steiner, unter anderem Die Wahrheit über Dr. Steiner (1920), Das Geheimnis des Tempels von Dornach (1920), Die Geheimnisse des Tempels von Dornach (1921) und Die Wahrheit über die Theo-Anthroposophie als eine Kulturverfallserscheinung (1926), die nicht nur von antisemitischen Beschimpfungen triefen. Über diesen Kully äußerte sich Steiner gegenüber Mitgliedern der Gesellschaft in Dornach im Jahr 1920: »Sie wissen ja, Pfarrer Kully hat gesagt, es gibt drei schlimme Dinge in der Welt, das eine ist das Judentum, das zweite ist die Freimaurerei, aber das Schlimmste alles Schlimmen, schlimmer als irgendein Bolschewismus, sei das, was hier in Dornach gelehrt werde.» (GA 199, Geisteswissenschaft als Erkenntnis der Grundimpulse sozialer Gestaltung, Dornach, 6. August 1920, S. 26.)

Laut Zander erwartete Steiner, die Christengemeinschaft werde aus ihrem »Katakombendasein zu hegemonialer Bedeutung aufsteigen«.

Auf Seite 1663 schreibt Zander:

»Den Priestern der Christengemeinschaft blieb Steiners Aktualisierung dieser Vision, hinter der die Hoffnung auf die Dominanz des anthroposophischen Christentums stand, im Ohr: ›In hundert Jahren wird es keine christliche Kirche mehr geben, es sei denn, es entsteht etwas im Sinne des hier Gewollten.‹299«

Anmerkung 299:

»Steiner zit. bei Heidenreich: Aufbruch, 25. Vgl. auch Steiners Erwartung, dass die Christengemeinschaft wie die Urkirche aus ihrem Katakombendasein zu hegemonialer Bedeutung aufsteigen werde: ›In einigen Jahrhunderten wird sich die Sache geändert haben‹ (GA 982,254).«

»Aber Steiners apokalyptische Zeitdeutung machte auch vor der Christengemeinschaft nicht Halt. ›Wenn die Christengemeinschaft im Laufe der kommenden 30 Jahre nicht zu einer großen, weltweiten Kirche wird, dann wird sie wieder vergehen und es wird sein, als wäre sie nie gewesen.301 Diese Voraussage ist spätestens 1955 abgelaufen.«

Anmerkung 301:

»Zit. nach Finsterlin: Editorial (1988).

Zander belegt seine Behauptung, Steiner habe erwartet, dass die Christengemeinschaft wie die Urkirche aus ihrem Katakombendasein zu hegemonialer Bedeutung aufsteigen werde, mit einem Zitat aus einem Vortrag vom 14. Juni 1908, 14 Jahre vor der Gründung der Christengemeinschaft. Der betreffende Vortrag bezieht sich erwartungsgemäß auch gar nicht auf die Christengemeinschaft, sondern auf die »geisteswissenschaftliche Bewegung«.

Was die »1955 abgelaufene Voraussage« anbetrifft, so stellt das angebliche Steiner-Zitat auf das Anmerkung 301 verweist, eine freie Erfindung von Finsterlin dar.

Coda.

Σοφίαν δὲ λαλοῦμεν ἐν τοῖς τελείοις, σοφίαν δὲ οὐ τοῦ αἰῶνος τούτου οὐδὲ τῶν ἀρχόντων τοῦ αἰῶνος τούτου τῶν καταργουμένων: ἀλλὰ λαλοῦμεν θεοῦ σοφίαν ἐν μυστηρίῳ, τὴν ἀποκεκρυμμένην, ἣν προώρισεν ὁ θεὸς πρὸ τῶν αἰώνων εἰς δόξαν ἡμῶν: ἣν οὐδεὶς τῶν ἀρχόντων τοῦ αἰῶνος τούτου ἔγνωκεν, εἰ γὰρ ἔγνωσαν, οὐκ ἂν τὸν κύριον τῆς δόξης ἐσταύρωσαν. ἀλλὰ καθὼς γέγραπται, Ἃ ὀφθαλμὸς οὐκ εἶδεν καὶ οὖς οὐκ ἤκουσεν καὶ ἐπὶ καρδίαν ἀνθρώπου οὐκ ἀνέβη, ἃ ἡτοίμασεν ὁ θεὸς τοῖς ἀγαπῶσιν αὐτόν. ἡμῖν δὲ ἀπεκάλυψεν ὁ θεὸς διὰ τοῦ πνεύματος: τὸ γὰρ πνεῦμα πάντα ἐραυνᾷ, καὶ τὰ βάθη τοῦ θεοῦ. τίς γὰρ οἶδεν ἀνθρώπων τὰ τοῦ ἀνθρώπου εἰ μὴ τὸ πνεῦμα τοῦ ἀνθρώπου τὸ ἐν αὐτῷ; οὕτως καὶ τὰ τοῦ θεοῦ οὐδεὶς ἔγνωκεν εἰ μὴ τὸ πνεῦμα τοῦ θεοῦ. ἡμεῖς δὲ οὐ τὸ πνεῦμα τοῦ κόσμου ἐλάβομεν ἀλλὰ τὸ πνεῦμα τὸ ἐκ τοῦ θεοῦ, ἵνα εἰδῶμεν τὰ ὑπὸ τοῦ θεοῦ χαρισθέντα ἡμῖν: ἃ καὶ λαλοῦμεν οὐκ ἐν διδακτοῖς ἀνθρωπίνης σοφίας λόγοις ἀλλ' ἐν διδακτοῖς πνεύματος, πνευματικοῖς πνευματικὰ συγκρίνοντες. ψυχικὸς δὲ ἄνθρωπος οὐ δέχεται τὰ τοῦ πνεύματος τοῦ θεοῦ, μωρία γὰρ αὐτῷ ἐστιν, καὶ οὐ δύναται γνῶναι, ὅτι πνευματικῶς ἀνακρίνεται: ὁ δὲ πνευματικὸς ἀνακρίνει [τὰ] πάντα, αὐτὸς δὲ ὑπ' οὐδενὸς ἀνακρίνεται. τίς γὰρ ἔγνω νοῦν κυρίου, ὃς συμβιβάσει αὐτόν; ἡμεῖς δὲ νοῦν Χριστοῦ ἔχομεν.

Die Weisheit der Geweihten sprechen wir aus. Nicht die Weisheit des gegenwärtigen Äons, und auch nicht die der bereits kraftlos werdenden Archonten dieses Äons. Sondern wir sprechen die Gottes-Weisheit [Theosophie] in einem Mysterium aus, die im Verborgenen gelebt hat, nachdem sie durch Gott bereits vor allen Äonen vorgebildet worden ist, um uns geoffenbart zu werden. Keiner der Archonten des gegenwärtigen Äons hat diese Weisheit erkannt. Hätten sie sie erkannt, so hätten sie den nichts ans Kreuz geschlagen, der der Herr der Offenbarung ist. So sagt die Schrift:

»Was nie ein Auge gesehen und nie ein Ohr gehört hat,
was nie im Herzen eines Menschen bewusst geworden ist,
das hat Gott denen zubereitet, die ihn lieben.«

Uns hat es nun Gott durch das Pneuma offenbart.

Das Pneuma durchdringt alles, selbst die Abgründe der Gottheit. Welcher Mensch vermöchte das Wesen des Menschen zu erkennen, wenn nicht das Pneuma des Menschen selber in ihm wäre? So auch kann das Wesen der Gottheit nur durch das Pneuma Gottes selbst erkannt werden. Das Pneuma, das wir empfangen haben, ist nicht das des sichtbaren Kosmos, sondern das Pneuma, das von Gott selber ausgeht, damit wir klar erkennen, was uns von Gott geschenkt ist. Daher sprechen wir auch nicht Worte aus, die uns menschliche Weisheit gelehrt hat: Es sind Worte, die uns das Pneuma selber lehrt; pneumatisch begreifen wir was pneumatisch ist. Der psychische Mensch kann nicht in sich aufnehmen, was aus dem Pneuma Gottes hervorfließt. Es ist für ihn Torheit; er kann es nicht verstehen, denn nur auf pneumatische Art kann es begriffen werden. Der pneumatische Mensch jedoch vermag alles zu verstehen, obwohl er selbst von niemandem verstanden wird. Wer hätte je den Geist des Herrn erkannt; wer könnte sein Ratgeber sein? Uns aber ist der Geist des Christus gegeben.