»Epiphänomen«. Zander setzt sich mit den von anthroposophischer Seite vorgetragenen Argumenten gegen die Behauptung auseinander, Steiner sei Rassist gewesen. Seine Gegenargumente sind wenig überzeugend.

Auf S. 634 schreibt Zander:

»Rassen sind für Steiner ein Epiphänomen der Materie und sollen den Menschen als geistiges Wesen letztlich nicht betreffen ... Weil der Mensch also in der Reinkarnation in andere Rassen und Völker inkarnieren müssse, seien rassische oder völkische Dimensionen der Anthropologie sekundär. Dies war Steiners Versuch, dem biologischen Determinismus zu wehren. Allerdings ist dies eine blosse Binnenperspektive, die nur für Reinkarnationsanhänger plausibel ist. In der Aussenperpektive bleiben die Abwertungen bestehen.«

Dem ist entgegenzuhalten, dass die Reinkarnationsreihe keinen Richtungssinn in sich birgt, die einzelnen Inkarnationen nicht auf einer ab- oder aufsteigenden Rassenleiter erfolgen. Dass dies nicht der Fall ist, geht aus der Vortragsreihe GA 121 hervor, in der Steiner betont, dass der Mensch im Lauf seiner Inkarnationen die »Sonnen- und die Schattenseiten aller Völker und Rassen« in sich aufnimmt.

Die Reinkarnation, so Steiner 1910, biete einen Ausblick darauf, dass wir »mit dem innersten Kern unseres Wesens in den aufeinanderfolgenden Zeiten in den verschiedensten Rassen, in den verschiedensten Völkern inkarniert werden. So können wir also gewiss sein, wenn wir auf diesen Kern unseres Wesens schauen, dass wir mit ihm teilnehmen werden nicht nur an den Sonnen- oder vielleicht auch Schattenseiten aller Rassen, aller Volkstümer, sondern wir können gewiss sein, dass wir in unserem innersten Wesen aufnehmen Beitrag auf Beitrag der Segnungen aller Rassen und Volkstümer, indem wir einmal da, einmal dort inkarniert sind.« (GA 121, 11.6.1909, Dornach 1982, S. 86)

Es ergibt sich auch aus dem in dieser Vortragsreihe entwickelten Gedanken, dass alle »Rassenformen« jeweils Vereinseitigungen des organischen Urtypus des Menschen sind, die nicht in eine Stufenordnung eingereiht werden. Es geht auch aus Darstellungen Steiners hervor, wonach die indianische Urbevölkerung, die zur Zeit der europäischen Eroberung auf dem Doppelkontinent lebte, sich in den Ursprungsländern der Eroberer wieder verkörperte oder die Europäer der Völkerwanderungszeit sich in Asien, insbesondere in Japan wiederverkörperten. Wären die »Rassen« in eine hierarchische Ordnung gestellt, dann könnte es keine Verkörperung einer »europäischen« Seele in einer »niedriger« stehenden »Rasse« geben.

»Kollektiver Faktor«. Zander setzt sich mit den von anthroposophischer Seite vorgetragenen Argumenten gegen die Behauptung auseinander, Steiner sei Rassist gewesen. Seine Gegenargumente sind wenig überzeugend.

Auf S. 635 schreibt Zander:

»Rassen seien ein kollektiver Faktor und beträfen das Individuum letztlich nicht: ›Die Rasse kann zurückbleiben, eine Völkergemeinschaft kann zurückbleiben, die Seelen aber schreiten über die einzelnen Rassen hinaus.‹ (GA 104,89 [1908]) Auch in derartigen Aussagen kann man Steiners Versuch lesen, den biologischen Determinismus zu umgehen, Steiner wollte keine Fixierung auf eine blutsmässige Abstammung. Aber zugleich drückt sich darin eine ungeheure Naivität gegenüber der kulturellen Prägekraft gesellschaftlicher Verhältnisse, und eben dies sind ›Rassen‹ auch [kurs. Red.], aus.

Zudem bleibt auch hier die Evolution das unangetastete Gesetz der Kultur: Wer zurückbleibt, gehört zur Konkursmasse. Die Abwertung aktueller Völker und Rassen bleibt bestehen.«

In Zanders Argumentation taucht hier erstmals eine affirmative Verwendung des Rassenbegriffs auf. Er rechnet Rassen zu den »gesellschaftlichen Verhältnissen«, denen er eine »kulturelle Prägekraft« zuschreibt.

Zander postuliert mithin ein Rassensubstrat der Kultur, das Steiner gerade bestreitet. Nach Steiners Auffassung überformen die Kulturen die »Rasseneigenschaften« und setzen diese auf eine untergeordnete, vernachlässigbare ontologische Stufe herab.

Demgegenüber macht Zander eine nicht näher definierte Art von Determinierung der Kultur durch biologische, »rassische« Faktoren geltend und wirft Steiner eine »ungeheure Naivität« vor, weil er diese ignoriere.

Diese unterstellte Naivität ist aber in Wahrheit eine logische Konsequenz der Auffassung, der Mensch sei nicht durch die »blutmäßige Abstammung« determiniert.

Es erhebt sich an dieser Stelle – wenn man die von Zander zugrunde gelegten diffusen Kategorien einmal aufgreifen will – die Frage, wer eigentlich der größere Rassist ist, Zander oder Steiner.

»Intermezzo«. Zander setzt sich mit den von anthroposophischer Seite vorgetragenen Argumenten gegen die Behauptung auseinander, Steiner sei Rassist gewesen. Seine Gegenargumente sind wenig überzeugend.

Auf S. 635-636 schreibt Zander:

»Rassen seien ein Intermezzo der Menschheitsgeschichte ... Die Rassenentstehung, die erst in der lemurischen Zeit begonnen habe, werde in der sechsten und siebten ›Entwickelungsepoche‹ verschwinden, das heisst: frühestens ungefähr im 9. Jahrtausend. Für eine politische Erledigung der Rassenfrage und für die Geltung von Steiners Rassentheorien ist dies eine lange, eine zu lange Zeit. Dass die Vielfalt von Völkern und Rassen ein Reichtum der Pluralität sein könnte, tritt im übrigen nicht in Steiners Blickfeld.«

Nach Steiners Selbstverständnis ist das »Verschwinden« von »Rasseneigenschaften« von der Anwendung von »Rassenbegriffen« als politischen oder historischen Kategorien zu unterscheiden.

Rassenbegriffe dürfen und können nach Steiner »heute« weder als historische noch als politische Begriffe zur Anwendung gebracht werden. Für Steiner war die Rassenfrage schon längst »politisch erledigt«.

Seiner Überzeugung nach kann es »heute« weder eine vertretbare historische Welterklärung noch eine politische Theorie geben, die Rassenbegriffe als konstitutive oder normative Kategorien verwendet.

Für Steiners politische Überzeugungen sind »Rassen« irrelevant. Von seinen philosophischen Grundschriften bis in seine späte Lebenszeit hat er stets eine politische Philosophie vertreten, für die die Gleichwertigkeit aller Menschen und die Freiheit als gesellschaftliche Leitnorm konstitutive Prinzipien darstellten. Die Defizite in der rechtlichen und gesellschaftlichen Gleichstellung der Frau sah er als menschenunwürdig an. Sondergesetze gegen Angehörige des Judentums verglich er mit Zuständen der Sklaverei. 1902 übernahm er die Leitung einer Gesellschaft, die den Keim eines Bruderbundes der Menschheit ohne Ansehen von Rasse, Klasse, Geschlecht und Stand bilden wollte. Er sah das Ziel der Evolution, die Zander so negativ bewertet, in der Verbreitung des Bewusstseins der globalen Solidarität, in einer Überwindung von Rassen- und Klassenschranken, in der Verwirklichung christlicher Ideale wie der Brüderlichkeit, des Mitleids, der Nächstenliebe.

Diese Ansichten vertrat er auch in seinen Vorträgen GA 121, in denen er die komplexeste Geschichte der Entstehung der Rassendifferenzen erzählt. Gerade in diesen Vorträgen würdigt Steiner den »Reichtum der Pluralität«, den die unterschiedlichen Völker und Rassen für ihn darstellten, trotz seiner Überzeugung, dass die völkischen und rassischen Differenzen überwunden werden müssten.

Im letzten dieser Vorträge führt er aus:

»Wir dienen der gesamten Menschheit am besten, wenn wir das in uns besonders Veranlagte entwickeln, um es der gesamten Menschheit einzuverleiben als ein Opfer, das wir dem fortschreitenden Kulturstrom bringen. ... Nicht dazu ist die Geisteswissenschaft da, dazu zu verhelfen, dass sich das, was als religiöses Bekenntnis irgendwo auf der Erde herrscht, ein anderes Gebiet erobern kann. ... Allein das entspricht ihr, wenn wir unser Bestes, rein Menschliches für die gesamte Menschheit hingeben. Und wenn wir ganz in uns selber leben, aber nicht für uns, sondern für alle Menschen, so ist das wahrhafte geisteswissenschaftliche Toleranz. Durch die Geisteswissenschaft ... wird alle Menschenzersplitterung aufhören. Deshalb ist gerade jetzt die richtige Zeit, die Volksseelen kennen zu lernen, weil die Geisteswissenschaft da ist, die uns dazu bringt, die Volksseelen nicht einander gegenüber zu stellen in Opposition, sondern sie aufzurufen zu harmonischem Zusammenwirken. Je besser wir das verstehen, desto bessere Schüler der Geist-Erkenntnis werden wir sein.« (GA 121, 17.6.1909, Dornach 1982, S. 203-204)

Zander versucht, zu einer abschließenden Beantwortung der Frage zu kommen, ob es einen »Rassismus bei Steiner« gebe oder nicht.

Auf S. 636 schreibt Zander:

»Wenn Rassismus die Bindung wichtiger Elemente der Anthropologie an augenblicklich existierende Rassen bedeutet, seien diese biologisch oder spirituell definiert, dann kann man Steiner als Rassisten bezeichnen.

...

Zugleich aber gibt es bei Steiner Versuche, die deterministischen Konsequenzen dieses Denkens zu brechen, und es wäre gut, wenn viele Kritiker zur Kenntnis nehmen würden, dass Steiner kein Rassist sein wollte; aus diesem Grund spreche ich lieber von Steiners Rassentheorie als von Rassismus. ...

Wir wären einen grossen Schritt weiter, wenn man die historisch bedingten und in meiner Wahrnehmung vorhandenen Rassismen bei Steiner und die politischen Konsequenzen analytisch differenzieren könnte, bei Anhängern wie Kritikern Steiners.«

Zander trägt hier erstmals so etwas wie eine Definition des Rassismus vor, wobei diese Definition völlig unklar ist.

Was ist denn genau unter »wichtigen Elementen der Anthropologie« zu verstehen? Was unter der »Bindung« solcher Elemente an »existierende Rassen«?

Steiner hat die Anthroposophie bekanntlich nicht als Anthropologie verstanden, sondern dieser entgegengesetzt (»Von Seelenrätseln«). Dem von ihm entwickelten Begriff der Anthropologie zufolge bezieht sich diese lediglich auf die physisch wahrnehmbaren Eigenschaften des Menschen. Diese machen aber nicht das Wesen des Menschen aus. Insofern können physische Eigenschaften, die dem Menschen zukommen, soweit er einem bestimmten »Rassentypus« angehört, für sein Wesen nicht wesentlich, sondern höchstens akzidentell sein.

Die Behauptung, Steiner habe »wichtige Elemente der Anthropologie an Rassen gebunden«, ist also grundsätzlich zu bestreiten. Darüber hinaus wären unter der Voraussetzung der Abgrenzung der physischen Anthropologie von der Anthroposophie »wichtige Elemente« der Anthropologie ohnehin nur solche, die sich auf den physischen Menschen beziehen und die Definition Zanders wäre nichts als eine Tautologie. Dass Steiner »kein Rassist sein wollte«, darin ist Zander allerdings Recht zu geben. Man kann daher in der Tat wohl von einer »Rassentheorie« bei Steiner sprechen, nicht aber von einem Rassismus. Man kann das letztere vor allem dann nicht, wenn man sich auf eine nähere Prüfung des Rassismus selbst einlässt und dessen Grundüberzeugungen mit den von Steiner vertretenen vergleicht.

Übrigens enthalten Zanders Bemerkungen eine stillschweigende, entsprechend verschämte Revision von Ansichten, die er 2001 noch vertreten hat. Was ihn dazu bewogen hat, heute »lieber von Rassentheorie« sprechen zu wollen, statt von »Rassismus«, bleibt sein Geheimnis. 2001 schrieb Zander in »Anthroposophische Rassentheorie«: Steiners Theorie trage »aus heutiger Sicht das Prädikat rassistisch zu Recht« und gehöre »zum intellektuellen Hintergrund und Überbau der deutschen Tragödie« (in Schnurbein/Ulbricht: Völkische Religion und Krisen der Moderne, S. 323, 325)

Es bleibt ebenfalls Zanders Geheimnis, wie genau man sich eine von »Rassismen« durchsetzte »Rassentheorie« zu denken hat, die dennoch keinen »Rassismus« konstituiert.

Im übrigen frägt sich, was für eine Form wissenschaftlicher Auseinandersetzung es ist, bei der die Bestimmung eines Sachverhalts in das »Belieben« des jeweiligen Autors gestellt wird.

Zu einer völlig anderen Einschätzung als Zander kam der Münchner Historiker Ulrich Linse schon 2001. In seinem Beitrag zum von Haupt / Langewiesche herausgegebenen Sammelband »Nation und Religion in der deutschen Geschichte« mit dem Titel »›Universale Bruderschaft‹ oder nationaler Rassenkrieg – die deutschen Theosophen im Ersten Weltkrieg« schrieb er: »Die Verwendung der Rassen-Kategorie sollte allerdings zunächst ebenso wenig als Beweis für eine rassistische Ausrichtung dienen wie die Wertschätzung, welche die theosophische Bewegung speziell der ›arischen‹ Rasse angedeihen ließ. Denn wer immer Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem wissenschaftlichen Stand der Zeit sein wollte, musste die Rassenteorie in sein Weltbild inkorporiern – auch wenn er nicht rassistisch war. Wer aber von Rassengesichtspunkten sprach, hatte es damals auch mit den ›Ariern‹ zu tun, und auch dieser – inhaltlich sehr unterschiedlich gefüllte – Begriff besaß eine gewisse Popularität und tauchte noch zur Jahrhundertwende in der wissenschaftlichen Literatur auf ...« (S. 606).

Ein grundsätzlicher Mangel der Ausführungen Zanders über die Frage des Rassismus in Steiners Werk ist darin zu sehen, dass Zander die Frage, was unter Rassismus zu verstehen ist, überhaupt nicht diskutiert. Auch der eben besprochene Definitionsversuch stellt keine solche Diskussion dar.

Zur Definition des Rassismus aus anthroposophischer Sicht siehe: Was ist Rassismus?

Wiederholt behauptet Zander, Steiner habe 1903 oder 1904 ein bisher unveröffentlichtes Manuskript zur »Kosmogenese« verfaßt, sei aber mit dieser Darstellung »überfordert« gewesen.

Auf S. 649 schreibt Zander:

»1904 lag aber ein bislang unpubliziertes Manuskript vor; was zwischen 1904 und dem Dezember 1909, als Steiner dem Werk das Vorwort der Erstausgabe (Druck 1910) voranstellte (GA 13,15), geschah, ist momentan nur in Teilen rekonstruierbar ...

Inhaltlich parallele Ausführungen veröffentlichte er allerdings unentwegt. Das wichtigste Dokument sind die in der zweiten Hälfte des Jahres 1905 veröffentlichen Aufsätze zur Kosmologie in der Reihe ›Aus der Akasha-Chronik‹ (GA 11), die die früheste ausführliche Fassung der Kosmogenese dokumentieren.«

Was von Zanders Versuch zu halten ist, Steiners Kosmogonie, wie sie in der »Geheimwissenschaft im Umriss« entfaltet wird, aus theosophischen Quellen, insbesondere aus der »Geheimlehre« Blavatskys und Sinnetts »Geheimbuddhismus«, der wiederum auf Material Blavatskys fußt, herzuleiten, aus denen er sich »alimentiert« habe, wird deutlich, wenn man das Fragment dieser Kosmogonie zur Kenntnis nimmt, das im zeitlichen Umfeld der »Theosophie« entstanden ist. Entgegen der öfter wiederholten Behauptung Zanders, die Vorstudie zur »Geheimwissenschaft im Umriss« sei nicht zugänglich, ist diese bereits im Jahr 2001 in Band 89 der Gesamtausgabe veröffentlicht worden. (GA 89, 2001, S. 21-66)

Dieses Fragment einer Kosmogonie, die Steiner ursprünglich der »Theosophie« anfügen bzw. als Einzelband veröffentlichen wollte, wird von der Herausgeberin Hella Wiesberger 1903 oder 1904 zugeordnet. Das Fragment umfasst die Kosmogonie vom Alten Saturn bis zur später so genannten »lemurischen« Zeit und bricht kurz nach Beginn der Schilderung des »vierten Zeitraums«, der später so genannten atlantischen Zeit ab.

Zander behauptet, willkürlich wie üblich, Steiner habe in der letzten Vorrede zur »Geheimwissenschaft« 1925 »zugestanden«, er sei 1904 mit einer Synthese der theosophischen Kosmogonie »überfordert« gewesen. Zander leitet diese Folgerung aus den Sätzen Steiners ab: »Ursprünglich war mein Plan, seinen wesentlichen Inhalt [den Inhalt des Buches »Geheimwissenschaft«] als letzte Kapitel meinem lange vorher erschienenen Buch ›Theosophie‹ anzufügen. Das ging nicht ... die kosmischen Zusammenhänge, die in der ›Geheimwissenschaft‹ darzulegen waren, ... waren im einzelnen da; nicht aber im Gesamtbild.«

Dass dem Verzicht Steiners auf die Veröffentlichung einer Kosmogonie unmittelbar im Anschluss an die Theosophie etwas anderes zugrunde lag als Überforderung, wird deutlich, wenn man die Vorrede als Ganzes zur Kenntnis nimmt, und nicht nur einige Sätze.

Zunächst sagt Steiner in seiner Vorrede, der für die »Geheimwissenschaft« vorgesehene Inhalt habe sich »nicht in der Art abgerundet«, wie der Inhalt der »Theosophie«. Zwar stand in seinen »Imaginationen« »das geistige Wesen des Einzelmenschen« vor ihm, nicht aber in gleicher Art die »kosmischen Zusammenhänge«, die in der »Geheimwissenschaft« dargestellt werden sollten. Steiner spricht also von einer bestimmten Erkenntnissituation, einer inneren Seelenverfassung, die die notwendige Voraussetzung der Darstellung der Kosmogonie war.

Er gibt Einblick in einen Forschungsprozess, der 1904 bis zu einem gewissen Grade vorangeschritten war, der aber eine abgerundete Darstellung noch nicht zuließ. Die Nichtveröffentlichung der Kosmogonie ist Ausdruck des Verantwortungsbewusstseins Steiners, das eine Darstellung von Erkenntnisergebnissen, die sich »als Gesamtbild« nicht abrundeten, vermeiden wollte. Steiners Hinweise machen deutlich, wo er selbst die Voraussetzungen für die Veröffentlichung von Erkenntnisergebnissen sah.

Hätte er 1904, wie Zander permanent unterstellt, lediglich theosophische Quellen kompiliert und adaptiert, hätte es für ihn ein Leichtes sein müssen, im Stile seiner vorangegangenen angeblichen Kompilationen auch die Kosmogonie zusammenzuschustern. Die Tatsache, dass dies nicht geschah, ist ein Hinweis auf einen authentischen Erkenntnisprozess, der offenbar erst 1909 zu jener ausgereiften Form der Darstellung führen konnte, wie die »Geheimwissenschaft« sie dokumentiert.

Im Folgenden präzisiert Steiner den Anspruch, den eine in seinen Augen ausgereifte Darstellungsform erfüllen musste: Der Darsteller des geistig Geschauten muss »seine Schauungen bis zu einem richtigen Hineingießen in Gedankenformen bringen, ohne dass sie innerhalb dieser Form ihren imaginativen Charakter verlieren.« (GA 13, 1977, S. 27)

Dieses »Hineingießen in Gedankenformen« garantiert, dass das Dargestellte für den Nichtschauenden, der sein Denken auf die Darstellung anwendet, voll verständlich ist. Das Beibehalten des »imaginativen Charakters« wiederum garantiert, dass der Inhalt des geistig Geschauten wirklich in die Darstellung eingeht. Nach drei Seiten konnte also eine Darstellung der Kosmogonie erschwert werden: nach der Seite der relativen Vollständigkeit (Gesamtbild), nach der Seite der Verständlichkeit (Übersetzung in Gedankenformen) und nach der Seite der imaginativen Anschaulichkeit. Erst 1909 »fühlte« Steiner, dass die Zeit für eine solche Darstellung reif war, die »erstens den Inhalt meiner Geistesschau bis zu einem gewissen, aber zunächst genügenden Grade, in Gedankenform gegossen, brachte; und ... zweitens von jedem denkenden Menschen, der sich keine Hindernisse vor das Verständnis legt, verstanden werden kann.« (GA 13, 1977, S. 28)

Offenkundig irrt sich Zander, wenn er bemerkt, jene Aufsätze aus der Reihe zur »Akasha-Chronik« aus dem Jahr 1905, die sich mit der Weltentwicklung befassen, dokumentierten »die frühesten ausführlichen Fassungen der Kosmogenese«, Denn diese ausführliche Darstellung, die einen Gesamtüberblick über die planetarischen Entwicklungsstufen bis zur atlantischen Zeit gibt, liegt aus dem Jahr 1903 oder 1904 seit 2001 in der Gesamtausgabe vor.

Eine systematische Untersuchung des Fragmentes von 1903/04, der kosmogonischen Aufsätze aus der Reihe »Akasha-Chronik« und der Kosmogonie der »Geheimwissenschaft im Umriß« finden Sie hier.