Angeblich stehen sich bei Steiner divergierende Konzepte der Krankheitsbegründung unvermittelt gegenüber.

Auf S. 1498 schreibt Zander:

»Als Verursacher identifizierte er [sic!] den ersten theosophischen Jahren geistige Wesen, später sprach er lieber von anonymen, etwa ›außerirdischen, außerterrestrischen Kräften‹ (GA 312,29). Dazu kam das Karmakonzept als Krankheitsbegründung, so dass divergierende Konzepte nebeneinander bestanden.«

Bei den von Zander angeführten Darstellungen über Krankheitsursachen handelt es sich nicht um divergierende Konzepte, sondern um ein und dieselben Faktoren, auf die mit unterschiedlichen Begriffen in unterschiedlichen Kontexten hingewiesen wird. Geistige Wesen sind ihrer Natur nach »außerterrestrisch«, auch wenn sie auf der Erde wirken. Ein Aspekt der Entstehung von Krankheit besteht darin, dass die Wirksamkeit solcher kosmischen geistigen Wesen auf der Erde »deplaziert« ist, und dadurch Unregelmäßigkeiten (im Menschen, in der Natur) hervorruft. Wenn der Mensch diese Wirksamkeit in seine eigene Organisation einbezieht, entsteht aus diesem Einbezug ein Karma der Einseitigkeit, das nach Ausgleich verlangt. Die ausgleichenden Ursachen können von außen, aber auch aus dem Inneren des menschlichen Wesens (aus seinen Organen) wirken. Ahriman ist, um ein Beispiel zu nennen, das Karma Luzifers, sowohl im kosmologischen Zusammenhang, als auch im einzelnen Menschen. Von Divergenz kann also keine Rede sein, sondern nur von Komplexität. Der Eindruck der Divergenz entsteht bei Zander durch seine Neigung zur »Komplexitätsreduktion«, um eines seiner Lieblingsworte zu verwenden.

Dies wird auch deutlich, wenn man jene Ausführungen im Kontext liest, in denen laut Zander von »anonymen« »außerterrestrischen« Kräften die Rede ist. Sie zeigen nicht nur, dass sich Steiner in die Tradition der europäischen spirituellen Medizin stellt, sondern auch, dass er mit seinen einleitenden Ausführungen zu seinem ersten Medizinerkurs den Blick der Anwesenden phänomenologisch auf die kosmischen Bildekräfte lenkt, die nicht nur bei der Gestaltbildung, sondern auch bei der Entstehung von Gesundheit und Krankheit in Betracht zu ziehen sind. Steiner führt unter anderem aus:

»Wenn man so wie Paracelsus von dem Archäus spricht, wenn man so spricht, wie wir sprechen von dem Ätherleib des Menschen, so fasst man eigentlich etwas zusammen, das da ist, das man aber seinem eigentlichen Ursprunge nach nicht verfolgt. Denn würde man es seinem eigentlichen Ursprunge nach verfolgen, so müsste man in der folgenden Art vorgehen. Man müsste sagen: Der Mensch hat einen physischen Organismus, der ist im wesentlichen aus Kräften konstituiert, die aus dem Irdischen wirken, und er hat einen ätherischen Organismus, der ist im wesentlichen aus Kräften konstituiert, die aus dem Umkreise des Kosmos wirken. Unser physischer Organismus ist gewissermaßen ein Ausschnitt der ganzen Organisation der Erde. Unser Ätherleib und auch der Paracelsussche Archäus ist ein Ausschnitt aus demjenigen, was nicht zur Erde gehört, was also von allen Seiten des Kosmos ins Irdische hereinwirkt. So dass also Paracelsus dasjenige, was man früher einfach als das Kosmische im Menschen bezeichnete und was mit der hippokratischen Medizin untergegangen ist, zusammengefasst sah in seiner Anschauung eines ätherischen Organismus, der dem physischen zugrunde liegt. Er hat dann nicht weiter untersucht – er hat ja im einzelnen zwar hingedeutet, aber eben nicht weiter untersucht –, mit welchen außerirdischen Kräften das im Zusammenhang steht, was in diesem Archäus eigentlich wirkt. ...«

Wie Steiners Hinweise zu verstehen sind, sagt er selbst im hier zitierten Vortrag: »Sie werden es begreifen, dass ich hier in diesen Vorträgen, die ja nur in einer beschränkten Anzahl gehalten werden können, hauptsächlich dasjenige gebe, was Sie sonst in Büchern oder Vorträgen eben nicht finden, und dasjenige voraussetze, was man eben sonst finden kann. Ich glaube nicht, dass es besonders wertvoll wäre, wenn ich Ihnen irgendeine Theorie geben würde in Aufstellungen, die Sie sonst auch finden könnten. Daher verweise ich Sie an diesem Punkt an dasjenige, was sich Ihnen ergeben kann, wenn Sie einfach miteinander vergleichen das, was Sie sehen, wenn Sie vor sich stellen ein Menschenskelett und das Skelett, sagen wir eines Gorillas, eines sogenannt hochstehenden Affen.« ...

»Nun ist das höchst Eigentümliche dieses, dass wir uns ja gewöhnlich heute darauf beschränken, zu vergleichen die Knochen oder die Muskeln der höheren Tiere mit den Knochen und Muskeln der Menschen, aber dabei nicht das nötige Gewicht legen auf diese Formumwandelung [die der Vergleich zwischen dem Skelett eines Gorillas und eines Menschen sichtbar macht]. In der Anschauung dieser Formumwandelung muss man ein Wesentliches und Wichtiges suchen. Denn sehen Sie, diese Kräfte, die müssen ja da sein, die entgegenwirken den Kräften, die beim Gorilla die Gestalt bilden. Diese Kräfte müssen ja da sein, diese Kräfte müssen ja wirken. Wenn wir diese Kräfte suchen werden, werden wir wieder finden dasjenige, was verlassen worden ist, indem die alte Medizin filtriert worden ist vom hippokratischen System. Wir werden wiederum finden, dass diese Kräfte im Kräfteparallelogramm irdischer Natur sind und diejenigen Kräfte, die sich mit diesen irdischen Kräften im Kräfteparallelogramm vereinigen, so dass eine Resultierende entsteht, die nun nicht irdischen Kräften ihren Ursprung verdankt, sondern außerirdischen, außerterrestrischen Kräften, diese Kräfte müssen wir außerhalb des Irdischen suchen. Wir müssen Zugkräfte suchen, die den Menschen zur Aufrichtestellung bringen, aber nicht nur zur Aufrichtestellung bringen, wie sie beim höheren Tier vorhanden ist zuweilen, sondern so zur Aufrichtestellung bringen, dass die in der Aufrichtestellung wirkenden Kräfte zugleich Bildekräfte sind. Es ist ja ein Unterschied, ob der Affe, der aufrecht geht, dennoch Kräfte hat, die massig entgegenwirken, oder ob der Mensch sein Knochensystem schon so ausbildet, dass diese Ausbildung in der Richtung von Kräften wirkt, die nicht-irdischen Ursprungs sind. Man kann einfach, wenn man richtig anschaut die Form des menschlichen Skeletts, sich nicht darauf beschränken, den einzelnen Knochen zu beschreiben und ihn zu vergleichen mit dem Tierknochen, sondern wenn man das Dynamische im Aufbau des menschlichen Skeletts verfolgt, dann kann man sich sagen: das findet man in den übrigen Reichen der Erde nicht, da treten uns Kräfte auf, die wir mit den übrigen zu dem Kräfteparallelogramm vereinigen müssen. Es entstehen Resultierende, die wir nicht finden können, wenn wir bloß auf die Kräfte Rücksicht nehmen, die außerhalb des Menschen vorhanden sind. Es wird sich also darum handeln, einmal diesen Sprung vom Tier zum Menschen ordentlich zu verfolgen. Dann wird man nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Tier den Ursprung des Krankheitswesens finden können. Ich kann Sie nur nach und nach auf diese Elemente hinweisen, wir werden aber aus ihnen, weitergehend, sehr vieles finden können.« (GA 312, Vortrag vom 21. März 1920, Dornach 1999, S. 19 ff.)

Ein weiteres Konzept der Krankheitsbegründung findet Zander bei den »mythologischen Wesen« Luzifer und Ahriman.

Auf S.. 1499 schreibt Zander:

»Seit 1909 arbeitete Steiner mit einem weiteren Konzept, der Polarität zweier mythologischer Wesen, von Ahriman und Lucifer ... Vor dem Ersten Weltkrieg benutzte er dieses Paar auch zur Erklärung von Krankheiten ... Es ist aber unübersehbar, dass diese mythologischen Gestalten nach dem Krieg durch weniger narrative Erklärungsformen zurückgedrängt oder ausgetauscht wurden.«

Es ist geradezu ein Witz, dass Zander die beiden »Weltprinzipien« und »Weltenkräfte« Luzifer und Ahriman, die für das anthroposophische Verständnis des Weltprozesses konstitutiv sind, als »mythologische Wesen« bezeichnet. Dass darin eine diskriminierende Absicht liegt, ist offensichtlich. Die Abwertung realer geistiger Wesenheiten zu »mythologischen Wesenq, zu bloßen »Konzepten« liegt in der Konsequenz des Zanderschen Nominalismus, der die Realität des Geistigen grundsätzlich leugnet. Dass auch in den späteren »weniger narrativen Erklärungsformen« Steiners, die stets mit Polaritäten und dem Prinzip des Ausgleichs arbeiten, diese sogenannten mythologischen Wesen immer mitanwesend sind und mitgedacht werden müssen, müsste eigentlich jedem klar sein, der auch nur mit den elementarsten Anfängen der Anthroposophie vertraut ist.

Eine unmittelbare Konsequenz des Zanderschen Nominalismus besteht darin, dass er überall, wo die geistige Anschauung als höhere Empirie zwischen kosmischen und irdischen Prozessen oder irdischen Prozessen untereinander vermittelt, Analogien und unterstellte Homologien sieht.

Auf S. 1499-1500 schreibt Zander:

»Steiners Denken ist stark von einer anschauenden Wahrnehmung geprägt ... Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Steiner auch in seinen medizinischen Konzepten zu Modellen tendierte, die einer Eidetik ohne technische Hilfsmittel verbunden waren und die er durch Analogiekonstruktionen operationalisierte ... Das Funktionsprinzip derartiger Vorstellungen bildet die analoge Übertragung anschaulicher, lebensweltlicher Vorgänge auf den nicht unmittelbar sichtbaren Funktionsmechanismus von Krankheiten. Der Angelpunkt ist dabei die Verwandlung homologer Funktionen in analoge. Die abschottende Wirkung von Schalen soll auch den Heuschnupfen zurückhalten, die Mistel soll ihre Fähigkeit, ohne festen mineralischen Boden zu leben, zur Rückbildung eines Krebsgeschwulstes einsetzen, und die aufbauenden Kräfte der Enzianwurzel im Frühjahr sollen auch die Verdauung wieder in Gang bringen. Der Aufzählung analoger Elemente wird eine homologe Substruktur unterstellt, eine Grenze für die Verknüpfung heterogener Gegenstände durch ein analoges Denken gibt es dann kaum noch. Damit werden komplexe Zusammenhänge visuell erfassbar und können in nichtwissenschaftliches Wissen integriert werden. In der Geschichte der Diagnostik sind solche mit ästhetischen Analogien arbeitenden Modelle etwa als Signaturenlehre bekannt.«

Grundlage der Vergleichbarkeit und der Applikation des einen auf das andere ist nicht eine »substituierte Homologie« – bei dieser handelt es sich um eine Zandersche Projektion – , sondern die reale Identität von Prozessen und Kräften, die sich in diesen auswirken. Aufgrund der ideologischen Voraussetzungen seines Denkens – der grundsätzlichen Verneinung der Realität des Geistes – muss Zander das reale Bindeglied, das der Vergleichbarkeit des Verschiedenen zugrunde liegt, leugnen und kann daher nur von einer unterstellten Homologie reden. In Wahrheit ist aber Zander derjenige, dessen ganzes Denken auf Analogien und unterstellten Homologien beruht. Die Grundvoraussetzung seines Werkes, dass die Analogie zwischen der Theosophie und der Anthroposophie eine Homologie konstituiert, ist eine unbeweisbare Behauptung. Aufgrund der Ähnlichkeit von Terminologien, also von Worten, schließt er unablässig auf die Identität von Inhalten. All seine Versuche, Inhalte der Anthroposophie auf analoge Erscheinungen zu reduzieren, beruhen auf der Substitution von Homologien. Im vorliegenden Fall unterstellt er eine Homologie zwischen der sogenannten Signaturenlehre und der anthroposophischen Ontologie. Wie bodenlos diese Unterstellung ist, gesteht er jedoch selbst ein, wenn er sagt: »Ob und an welche Vorstellungen sich Steiner angeschlossen hat, ist allerdings augenblicklich unklar. Von der Laienmedizin bis zu esoterischen Signaturenlehren ist vieles denkbar.« Zanders Satz: »Der Aufzählung analoger Elemente wird eine homologe Substruktur unterstellt, eine Grenze für die Verknüpfung heterogener Gegenstände durch ein analoges Denken gibt es dann kaum noch«, erweist sich bei näherer Betrachtung als Formulierung eines methodischen Prinzips, das er selbst ubiquitär anwendet.

Angeblich ist die »religiöse Dimension der Medizin« Steiner seitens der Priester der Christengemeinschaft im Jahr 1924 »zugetragen worden«.

Auf S. 1503-1504 schreibt Zander:

»Es lag in der Konsequenz von Steiners Ansatz, die implizit religiöse Dimension seiner Medizin explizit zu machen ... Zu einer programmatischen Thematisierung der Verbindung von Religion und Medizin kam es im September des gleichen Jahres, drei Wochen vor dem Ende seiner Vortragstätigkeit, als Priester der Christengemeinschaft ihn um eine Verbindung von kultischer und therapeutischer Praxis baten (GA 318,11). ... Ob Steiner allerdings konkrete Vorbilder hatte, ist unklar und nicht zwingend anzunehmen, da das Thema ihm seitens der Priester der ›Christengemeinschaft‹ zugetragen wurden [sic!] – und im übrigen war es im Zeitgeist weit verbreitet.«

Dass die Medizin, die Heilung, für Steiner schon lange vor der Existenz der Christengemeinschaft eine religiöse Dimension hatte, und ihm nicht erst durch »die Priester« zugetragen wurde, lehrt ein Blick in Steiners Vortragswerk. Dieser belehrt auch über seine »Vorbilder«, die er gewiss nicht der omnipräsenten black box des »Zeitgeistes« verdankte, die von Zander immer dann herangezogen wird, wenn er keine anderen Reduktionsmodule findet.

Bereits 1907 heißt es in einem Vortrag Steiners:

»Im sechsten und siebenten Zeitalter wird durch die Kraft des Christus sich das Geistselbst und der Lebensgeist in denjenigen entwickeln, die sich an Christus anlehnen. Diese werden zugleich gesundes Denken und gesundes Fühlen erlangen. Das Christentum bringt die große Gesundheit und die große Heilung. Die Lebenskraft Christi überwindet alles Siechtum und den Tod. Der menschliche Leib hat sich entwickelt als fester Körper aus dem Flüssigen heraus und daher wird in der Geisteswissenschaft das flüssige Element als das leibliche Element betrachtet. Die fünf Hallen, welche den Teich Bethesda umgeben, bedeuten die fünf Zeitalter, welche der Mensch dazu verwendet, immer tiefer und tiefer in die Körperlichkeit einzudringen, und an deren Ende er gänzlich der Materie verfallen ist. Erst wenn diese fünf Zeiträume durchschritten sind, kann der Mensch gesund werden. Wer diesen fünf Hallen verfallen ist, kann nicht geheilt werden, wenn nicht der große Heiler, der Christus, an ihn herantritt. Dann geschieht das, was im fünften Kapitel des Johannes-Evangeliums beschrieben ist. So ist die Schilderung des achtunddreißig Jahre lang Kranken eine prophetische Vorausverkündigung dessen, was sich ereignet in der sechsten Epoche, wo der Mensch keine Heilmittel mehr braucht, weil er sein eigener Heiler sein wird.« (GA 100, Vortrag vom 21. November 1907, Dornach 1981, S. 240)

Ähnlich in einem anderen Kontext 1909:

»Ist Krankheit Leiden? - Nein! - so sagten sich die, welche den Impuls von Golgatha im wirklichen Sinne verstanden - nein, Krankheit ist nicht Leiden. Wenn auch heute die Menschheit noch nicht verstehen kann, was das spirituelle Leben in Wahrheit ist, das mit dem Christus einströmt, die Menschen werden es in der Zukunft verstehen lernen, und sie werden wissen, dass, wer sich durchströmen lässt von dem Christus-Impuls, in wessen Innerstes die Christus-Kraft einzieht, dass der alle Krankheit überwinden kann durch die starken, gesundenden Kräfte, die er aus sich entwickelt. Denn der Christus ist der große Heiler der Menschheit. In seiner Kraft ist umschlossen alles das, was aus dem Geistigen heraus wirklich die starke heilende Kraft entwickeln und was die Krankheit überwinden kann. Krankheit ist nicht Leid. Krankheit ist eine Gelegenheit, ein Hemmnis zu überwinden, indem der Mensch in sich entwickelt die Christus-Kraft.

Über die Beschwerden des Alters muss der Mensch sich in gleicher Weise klarwerden. Je mehr wir zunehmen in der Schwachheit unserer Glieder, desto mehr können wir wachsen im Geiste, können Herr werden durch die in uns wohnende Christus-Kraft. Alter ist nicht Leiden, denn mit jedem Tage wachsen wir ja hinein in die geistige Welt. Und auch der Tod ist nicht Leiden, denn er wird besiegt in der Auferstehung. Durch das Ereignis von Golgatha ist der Tod besiegt worden.

Kann das Getrenntsein von dem, was wir lieben, noch Leiden sein? - Nein! Die Seelen, die sich mit der Christus-Kraft durchziehen, wissen, dass die Liebe Bande schlingen kann von Seele zu Seele über alle materiellen Hindernisse hinweg, Bande im Geistigen, die unzerreißbar sind. Und es gibt nichts im Leben zwischen Geburt und Tod und zwischen Tod und neuer Geburt, zu dem wir nicht im Spirituellen den Weg finden durch den Christus-Impuls. Es ist undenkbar, dass wir auf die Dauer, wenn wir uns mit dem Christus-Impuls durchdringen, getrennt sein können von dem, was wir lieben. Der Christus führt uns zusammen mit dem, was wir lieben.

Und ebenso kann »vereint sein mit dem, was wir nicht lieben«, nicht Leiden sein, weil der Christus-Impuls uns lehrt, wenn wir ihn in unserer Seele aufnehmen, alles seinem entsprechenden Maße nach zu lieben. Der Christus-Impuls zeigt uns den Weg, und wenn wir diesen Weg finden, kann niemals mehr «vereint sein mit dem, was wir nicht lieben», Leiden sein, denn es gibt nichts mehr, was wir nicht mit Liebe umfassen. - Und »nicht erreichen, was man begehrt«, kann mit dem Christus nicht mehr Leiden sein, denn die Empfindungen und Gefühle des Menschen, sein Begehren, werden durch den Christus-Impuls so gereinigt und veredelt, dass die Menschen nur noch begehren nach dem, was ihnen werden soll. Sie leiden nicht mehr unter dem, was sie entbehren; denn sollen sie entbehren, so ist es zur Läuterung, und die Christus-Kraft gibt ihnen die Kraft dazu, es als Läuterung zu empfinden, und daher ist es auch nicht mehr Leiden.

Was ist also das Ereignis von Golgatha? Es ist das allmähliche Hinwegschaffen der von dem großen Buddha hingestellten Tatsachen vom Leiden. Es gibt keinen größeren Einschlag im Weltenwerden und Weltenwesen als das Ereignis von Golgatha. Daher können wir auch verstehen, dass es fortwirkt und positive, gewaltige Folgen hat für die kommende Menschheit.« (GA 109, Vortrag vom 11. April 1909, Dornach 2000, S. 110 ff)

Laut Zander lassen sich Steiners Korrelationen zwischen Planeten, Metallen und Organen auf die frühneuzeitliche Alchemie zurückführen. Welche Quellen Steiner benutzt hat, vermag Zander zwar nicht zu sagen, dass es aber welche gab, steht außer Zweifel.

Auf S. 1506 schreibt Zander:

»Medizinhistorisch lassen sich mit Steiners Korrelationstabellen zu Planeten, Organen und Metallen Beziehungen zur frühzeitlichen Alchemie herstellen. Die Korrelationen zwischen Planeten und Metallen etwa sind identisch mit alchemistischen Tafeln des 16. Jahrhunderts unter dem Pseudonym des Basilius Valentinus, den Steiner in seinen Schriften im Zusammenhang mit Antimontherapien (GA 312,352) erwähnte ... Welche Quellen Steiner letztlich benutzt hat, ist unklar, für direkte Rückgriffe auf frühneuzeitliche Konzeptionen gibt es aber keine Indizien.«

In der »Okkulten Physiologie«, auf die Zander sich bezieht, führt Steiner im Vortrag vom 28. März 1911 folgendes zu seinen »Quellen« aus:

»Dieses ganze Verhältnis, in dem die menschlichen Organsysteme zueinander stehen, das drückt sich so aus, dass man im Okkultismus in der Tat kein besseres Bild dafür geben konnte, als dass man sagte: Das Herz als Sonne steht im Mittelpunkt und beeinflusst die drei Organe des inneren Weltsystems, die die aufsteigenden Prozesse besorgen, Leber, Galle, Milz. So wie im Makrokosmos die Sonne im Planetensystem steht zu den äußeren Planeten Jupiter, Mars, Saturn, so steht im Mikrokosmos, im menschlichen Organismus, die innere Sonne, das Herz, zu Leber-Jupiter, Galle-Mars, Milz-Saturn.

Ich müsste nun nicht wochenlang, sondern monatelang reden, wenn ich Ihnen alle die Gründe auseinandersetzen wollte, warum vor einem genauen und intimen okkulten Beobachten das Verhältnis der Sonne zu den äußeren Planeten unseres Planetensystems wirklich in Parallele gesetzt werden darf zu dem Verhältnis, das im menschlichen Organismus das Herz hat zu dem inneren Weltsystem, zu Leber, Galle und Milz.

Es ist in der Tat das äußere Verhältnis absolut so hereingenommen, dass in der Wechselwirkung dieser Organe sich das widerspiegelt, was in der großen Welt des Makrokosmos, in unserem Sonnensystem vor sich geht. Und ebenso ist es berechtigt, davon zu sprechen, dass die Vorgänge, die sich abspielen zwischen der Sonne und den inneren Planeten bis zu unserer Erde herunter, sich widerspiegeln in dem Verhältnis des Herzens zu den Lungen und zu den Nieren. So haben wir in diesem inneren Weltsystem des Menschen etwas, was das äußere Weltsystem widerspiegelt.

Wir haben im Verlaufe der Vorträge auch schon angedeutet, wie in der Tat, wenn wir hellseherisch hinuntertauchen in das eigene Innere, wir aufhören, unsere inneren Organe nur so wahrzunehmen, wie sie sich dem äußeren Anblick des physischen Auges darbieten.

Wir müssen hinauskommen über das Phantasiebild, das sich die äußere Anatomie von unseren Organen macht, indem wir aufsteigen zur Betrachtung der wirklichen Gestalt, die diese Organe haben, wenn wir berücksichtigen, dass diese Organe ja Kraftsysteme sind. Durch die äußere Anatomie kann gar nicht das wirkliche Sein dieser Organe ergründet werden, denn sie sieht ja in ihnen nur die hineingestopften umgewandelten Nahrungsstoffe. Und gerade dadurch, dass die äußere Wissenschaft nur diese Anschauung gelten lassen will, kann sie nicht die inneren Kraftsysteme, welche den Organen zugrunde liegen, erkennen. Für denjenigen aber, der in der Lage ist, das, was diesen Organen als Kraftsysteme zugrunde liegt, durch hellseherische Beobachtung zu schauen, der sieht, wie berechtigt es ist, die Organe mit den Namen der Planeten zu benennen, weil er erkennt, wie das Verhältnis zwischen den Planeten unseres äußeren Weltsystems sich wiederholt in unserem inneren Organsystem.« (GA 128, Vortrag vom 28. März 1911, Dornach 1991, S. 163 f.)