Auch in der entstehenden Christengemeinschaft findet Zander Machtkämpfe um Ämter.

Auf Seite 1628 schreibt Zander:

»Mit den Tagen von Breitbrunn war der Selektionsprozess unter den Interessenten beendet.89«

Anmerkung 89:

»Über die Auseinandersetzungen im Hintergrund sind wir bislang nur andeutungsweise orientiert, aber die Verteilung von Ämtern und Machtpositionen ging sicherlich nicht ohne Streit ab. Vgl. die Hinweise auf den ›hinter dem Rücken› Rittelmeyers taktierenden Heisler ... dem Rittelmeyer misstraute.«

Der Auswahlprozess von Breitbrunn hatte weder mit Ämtern noch mit Machtpositionen zu tun. Ämter gab es noch gar nicht. Die wurden erst im September 1922 in Dornach eingerichtet und einvernehmlich besetzt.  Das geht zweifelsfrei aus GA 344. S. 70 ff. hervor. Aus GA 343, S.365 f geht hervor, dass Emil Bock im Oktober 1921 während des zweiten Theologenkurses mit genau beschriebenen Leitungsaufgaben betraut wurde.

Die von Zander angeführten Belege für den »Streit um Machtpositionen« deuten auf etwas anderes: im Verhältnis zwischen Rittelmeyer und Heisler ging es nicht um Positionen und Ämter, sondern um den Ort der Gemeindebildung und des priesterlichen Wirkens. Für »Personalentscheidungen« war schon im März 1922 in Berlin ein Gremium gebildet worden, das mit der späteren Leitung nicht identisch war.

Zander behauptet, die Gründer Christengemeinschaft hätten über das Fehlen einer apostolischen Sukzession geklagt.

Auf S. 1629 schreibt er:

»Vermutlich hat die eigentümliche Konstruktion auch mit dem Fehlen der altkatholischen Priester zu tun, denn es erschein ›als ein besonderes historisches Karma, dass unter uns kein Träger der apostolischen Sukzession war‹98, wie Sydow mit anderen klagte.«

Anmerkung 98:

»Bis heute findet sich in Publikationen der Christengemeinschaft das Bedauern über eine fehlende Sukzession; vgl. Schroeder: Die Christengemeinschaft (2001).«

Eine »Klage« oder ein »Bedauern« über eine fehlende apostolische Sukzession hat es nicht gegeben. An der von Zander zitierten Stelle in den Erinnerungen von Joachim Sydow heißt es: »Mit uns sollte ein neues Priestertum begründet werden. Es ist ein besonderes historisches Karma, dass unter uns kein Träger der apostolischen Sukzession war. Noch 1921 hatten an dem Kurs drei Priester der altkatholischen Kirche teilgenommen. Sie alle waren im Laufe des Jahres – jeder durch ein besonderes Schicksal – ferngehalten worden, wiewohl sie uns durchaus nahe standen. Anderenfalls wäre jetzt die Frage akut geworden, ob und in welcher Form an die alte Sukzession angeknüpft werden müsste. Nun hatte das Schicksal schon entschieden: es musste der Mut zu einem völligen Neubeginn aufgebracht werden und wir alle sollten die ersten Träger der neuen Weihe sein. Mit uns sollte die neue Sukzession beginnen.« Wo ist da eine Klage? Wo sind die »anderen«, die mit Sydow klagten – abgesehen von Schroeder –, die allein den Plural rechtfertigen würden?

Auch das Kapitel über Sukzession in dem von Zander angeführten Buch von Schroeder »Die Christengemeinschaft – Entstehung, Entwicklung, Zielsetzung (S. 82) zeigt keine Spur von Bedauern über ein Fehlen derselben in der Christengemeinschaft. »Klage« und »Bedauern« kann man nur als freie Erfindungen Zanders bezeichnen.

Angeblich spielte bei der Gründung der Christengemeinschaft im September 1922 in Dornach die Beichte keine besondere Rolle. Außerdem, so Zander, habe Steiner die Priester in die erste Klasse der Hochschule aufgenommen.

Auf Seite 1631 schreibt Zander:

»Zum Abschluss verfasste man noch ein ›Treuegelöbnis‹, das nach Änderungen alle unterschrieben, eine ›Gemeinschaftsordnung‹, wohl formuliert durch die Priester (GA 344,16 f.), aber mit Billigung und Korrektur durch Steiner (ebd., 237–239), und schließlich übergab Steiner Rituale für die Letzte Ölung (ebd., 17), während die Beichte keine besondere Rolle spielte. Schließlich verfügte Steiner die ›Aussendung‹ der Priester und gab jedem von ihnen die Hand. Zudem nahm er sie in die ›erste Klasse‹ der ›Dornacher Hochschule‹ (also der erneuerten Esoterischen Schule) auf – aber eine theologische Sektion hat er ihnen verweigert.«

Die Behauptung, die Beichte habe keine besondere Rolle bei der Begründung der Christengemeinschaft gespielt, widerlegt ein Blick in GA 344, in der 10 Seiten der Beichte gewidmet sind.

Unter anderem führt Steiner am Vormittag des 20. September aus:

»So haben wir [beim Menschen] eine Chemobiologie, welche etwas ganz Wunderbares bewirkt, nämlich, dass mit dem Salz etwas vor sich geht, was eigentlich in der äußeren Welt nur die Götter gemacht haben. Denn wir müssen uns vorstellen, dass in der Umwelt des Menschen das Luziferische und Ahrimanische nicht in derselben Art vorhanden sind wie im Menschen; es wirkt ja vom Menschen aus in die Natur hinein und ist in den Salzwirkungen [der Natur] vorhanden. Durch die Verzehrung des Salzes senden wir daher in unser Haupt hinein eine entschiedene Bekämpfung der luziferischen Vorgänge, während wir dadurch, dass wir das Phosphorige aufnehmen und zum Überfließen in die Gliedmaßen bringen, in diese eine Bekämpfung des Ahrimanischen senden. Das ist der äußere Vorgang, den auch der gläubige Mensch natürlich verfolgen muss in seinen inneren Seelenprozessen. Wenn es also der äußere Vorgang ist, den Sie in den Seelen der Gläubigen durch die Kommunion bewirken, so kann die Kommunion natürlich nur dann in der richtigen Weise wirken, wenn auch die innere Beseelung von Zeit zu Zeit immer wieder erneuert wird. Das muss dadurch geschehen, dass eben die Sündenheilung im weitesten Sinne aufgefasst wird, dass also alles, was als Anfechtung der Sünde durch das Ahrimanische und das Luziferische in der Menschennatur sein kann, nun wirklich durch das priesterliche Wirken geheilt wird.

Und so muss das priesterliche Wirken zu der Kommunion  wenn auch nicht zu jeder, so doch ab und zu – dasjenige hin zufügen, was ja in der katholischen Kirche nicht mehr in seiner Reinheit erhalten ist, sondern nur noch in einer furchtbaren Verzerrung vorhanden ist: es muss hinzugefügt werden die Beratung des Menschen, die der Kommunion vorangeht, das also, was in der katholischen Kirche zur Beichte, vor allem zur Ohrenbeichte geworden ist, die durchaus eine ahrimanische Verzerrung dessen ist, was gewollt werden muss. Das macht ja die Schwierigkeit gegenüber dem Katholizismus aus. Wenn man zum Beispiel von einem katholischen Anthroposophen gefragt wird, ob er die Gesamtpraxis der katholischen Kirche mitmachen kann, dann steht man immer vor dem Ahrimanischen der Ohrenbeichte, die man eben dem [anthroposophischen] Katholiken nicht anraten kann; dadurch aber entzieht man ihm das Abendmahl, weil ja die katholische Kirche das Zwangsgesetz hat, dass die Kommunion nur dann erteilt werden kann, wenn die Ohrenbeichte voran gegangen ist. Das ist ja gegenüber den spirituellen Anforderungen das allerallerschwierigste. Wird aber die Beratung, die in gewissen Abständen mit der Kommunion verbunden sein muss, von Ihnen richtig gehandhabt, so werden Sie nicht nur als begeisterte, das Wort verkündende, sondern auch als sündenheilende Priester auftreten können, und Sie werden sich klar sein müssen, was Sie auch als ein Berater Ihrer Gemeinden sein können. Sie werden es nötig haben, Stellung zu nehmen zu dem, womit Ihre Gemeindemitglieder als ihren inneren Seelenangelegenheiten zu Ihnen kommen. Sie werden selbstverständlich keine Zwangsbeichte ein führen, aber Sie werden schon bemerken, wenn die Gemeinde richtig begründet ist, wie sehr die Gemeindemitglieder mit Vertrauen zu Ihnen kommen werden und Ihnen gerade die verschiedensten inneren Angelegenheiten anvertrauen werden, und wie die meisten dadurch sogar schon eine gewisse Erleichterung verspüren, dass sie Ihnen die Sachen anvertrauen können.

Das ist alles das, was Sie – hinausgehend über das, was Anthroposophie als Lehre und Erkenntnis im wesentlichen bleiben wird und was nicht in irgendeinem Grade auf das Individuelle der einzelnen Menschen eingehen sollte – in Ihrer Bewegung treiben müssen: die Beratung der einzelnen Menschen in bezug auf das, was aus der sündigen Menschennatur heraus den Menschen innerlich in seiner Seelenverfassung beunruhigen kann. Sie werden natürlich am wenigsten ausrichten, wenn Sie bei der der Kommunion vorangehenden Beratung Ihren Gemeindemitgliedern gegenüber sich zu sehr in allgemeinen theoretischen und lehrhaften Redensarten ergehen. Alles was Lehre ist, ist eigentlich in diesem Moment am wenigsten angebracht. Diese Beratung absolviert nur derjenige Priester in völliger Richtigkeit, der sich, wenn er ein solcher gewissermaßen ›Beichteabnehmer‹ ist, in die Lage versetzen kann, wie die Schwierigkeiten in der Seele des Beichtkindes eigentlich entstanden sind, welche Rolle sie spielen, wie weit sie in der Zeit zurückliegen. Kurz, Sie werden, ich möchte sagen, dasjenige ins Reine umzusetzen haben, was heute schon in der Kulturentwickelung als Unfug hervorgetreten ist, weil die Kirchen sich davor zurückgezogen haben. Die katholische Kirche hat die Beichte wirklich so stark ahrimanisiert, dass die Kindesbeichte, die Beichte des jüngeren Menschen, eigentlich oftmals in der katholischen Kirche sogar eine Quelle von moralischen Seelenverirrungen ist. Es gibt Gegenden, in denen dasjenige, was in der sogenannten Gewissenserforschung von den katholischen Kindern geleistet werden soll, vorgedruckt ist - in kleinen «Broschüren» kann ich nicht sagen, weil es gewöhnlich vier Seiten sind -, wo die möglichen Sünden, die jemand haben kann, vorgedruckt sind, so dass manche Buben, die diese Dinge durchschauen, einfach ausstreichen, was sie nicht gesündigt haben wollen und dann nur ihre Beichte ablesen nach dem Vordruck. Aber es führt dies auch in mancher anderen Beziehung zu großen Schädlichkeiten. In diesen Vordrucken steht zum Beispiel oftmals, dass das Kind sich fragen soll, ob es die Gewohnheit hat, die Hände unter der Bettdecke zu halten. Sie können sich denken, dass da das Kind in sehr frühem Lebensalter gerade durch die Verpflichtung, die von ihm durch die Beichte verlangt wird, auf sexuellen Unfug hingewiesen wird. Kurz, was die Ohrenbeichte geworden ist, das ist schon eine große, große Schwierigkeit. Das ist die eine Seite, die andere ist das folgende.

Die Menschen leben ja merkwürdig blind in der Welt. Sie wissen ja, dass in Spenglers ›Untergang des Abendlandes‹ gesagt wird, dass der Priester eigentlich gar keinen Einfluss auf die Weltereignisse hat, dass er eine Art theoretisierender, kontemplativer Mensch ist, und dass die Welt im Grunde genommen von Menschen aus dem Adelsstand, den Fürsten und so weiter geleitet wird. Es wird von Spengler wirklich so gesprochen, wie wenn er nicht wüsste, dass es Beichtväter gibt, dass die Fürsten, bevor sie zu ihren Entschlüssen kommen, vorher bei ihren Beichtvätern sitzen, und dass von der Art, wie da die Ohrenbeichte gehandhabt wird, der denkbar große Einfluss ausgeht auf die großen Weltangelegenheiten. Sie müssen sich klar sein, dass in der Welt für die wichtigsten Ereignisse die Ursprünge bei den Beichtvätern gesucht werden müssen. Aber die Menschen sind blind; sie beschreiben das, was äußerlich vorgeht und haben keine Empfindung dafür, woher die Dinge kommen. Nicht wahr, Sie müssen nicht vergessen, dass dies etwas außerordentlich zu sekretem Behandeln Neigendes ist und dass es etwas ist, durch das man die Welt beherrschen kann auf eine ganz wunderbar sekrete Weise. Der Papst sitzt in Rom, der Erzbischof N.N. in irgendeinem sehr entfernten Ort und hat seine Archidiakone, Domherren, Pröpste und die untere Geistlichkeit; die alle stehen auf dem Umwege durch den Beichtstuhl in Zusammenhang mit den allerintimsten Angelegenheiten derjenigen Menschen, die ihnen Untertan sind. Der Papst in Rom braucht selbstverständlich nicht zu wissen, was das einzelne Beichtkind dem Beichtiger sagt, aber er weiß, dass er an diesen Orten jemanden sitzen hat, der mit ungeheuer tiefgehendem Wissen die römischen Befehle ausführt. So hat die katholische Kirche die Beichte zu etwas außerordentlich Schwierigem gemacht, sowohl für den einzelnen Menschen wie für den ganzen Weltzusammenhang.

Und die evangelische Kirche? Es ist nicht ein evangelischer Prediger, sondern es sind eine ganze Reihe, die im Laufe meines Lebens bei mir waren und gesagt haben: Wir sehnen uns danach, etwas zu haben, was so wie die katholische Beichte ist, wir brauchen eine Methode, um in die Herzensangelegenheiten, mit denen die Menschen zu uns kommen, in einer taktvollen Weise hineinzukommen; wir brauchen eine Art tätiger Katechetik.  Das haben mir manche evangelische Seelsorger klar vorgebracht. Ich habe ihnen dann geraten, dasjenige nach einer bestimmten Seite hin auszubilden, was in ›Wie erlangt man Erkenntnisse der höheren Welten?‹ steht, wodurch man, wenn man es von der priesterlichen Seite aus übernimmt, tatsächlich zu einer taktvollen Beichte schon gelangen könnte. Das war ihnen zu schwierig. So kamen einige zu mir und sagten: Ja, insofern diese Anleitungen moralisch zwingen, kann ich mich damit einverstanden erklären, aber wo das eine innerliche technische Angelegenheit für einen Menschen wird, haben wir ja so etwas in der Religion nicht nötig. – Kurz, die Schwierigkeit ist die: Man wird erst gefragt: was sollen wir tun? –, man sagt es, und dann erwidert der Betreffende: Wir haben es ›nicht nötig‹.

Das zeigt, dass gerade diese innersten Dinge hinweisen auf etwas, was da kommen muss. Und weil es weder von katholischer noch von evangelischer Seite den Menschen geboten wird, so machen es die Psychoanalytiker. Machen Sie sich bekannt mit den Methoden der Psychoanalytiker, zu denen heute die Menschen in ganzen Scharen laufen, und sehen Sie, wie die Psychoanalyse von hervorragendsten Literaten gepriesen wird. Sie werden sehen: Was die Psychoanalyse in einer grobklotzigen Weise den Menschen geben will, das ist das, was ihnen eigentlich die Kirchen aller Konfessionen vorenthalten. Wir haben heute eine Psychoanalyse, die sich mit jedem Tage mehr ausbreitet, aus einer Vernachlässigung, die den Kirchen zuzuschreiben ist. Nehmen Sie irgendeine englische Wochen- oder Monatsschrift zur Hand. Ich habe mich davon überzeugt: einen Aufsatz über Psychoanalyse finden Sie fast jedes Mal darin. Das ist die materialistische Ausartung dessen, was Pflicht der Seelsorge hätte sein sollen, und die Sache bekommt ihren ernsten Charakter, wenn man dann auf das kommt, was beim Psychoanalytiker an die Stelle der Kommunion tritt. Man kann nicht an die Entwickelung des Christentums denken, ohne an alles das zu denken, was unterblieben ist aus der Bequemlichkeit der Menschen in der Entwickelung der Konfessionen.

Diese Dinge müssen Sie sich klarmachen. Sie müssen sich selbst dazu erziehen, leben zu können mit dem, womit die Menschen als mit ihren inneren Schwierigkeiten an Sie herankommen. Das kann man nur, wenn man an alles Menschliche emotionsfrei herangeht, wenn sowohl die Freude wie die Entrüstung im wesentlichen schweigt, und wenn man die Beurteilung dessen, an das man heranzugehen hat, sofort in eine höhere Sphäre, in die Sphäre des geistigen Lebens rücken kann. Dann finden Sie auch schon im einzelnen Konkreten die Möglichkeit, nun nicht Theorien oder Lehren dem Beichtkinde beibringen zu wollen, sondern nach und nach das, was allerdings Lehre ist, stets im konkreten Falle zu formulieren und so in Ihre Lehren hineinzubringen. Sie müssen natürlich dem Beichtkinde das klarmachen, inwiefern es im Innern die Anlage zur Sünde im ahrimanischen und luziferischen Sinne hat, aber nicht jedes Mal von Luziferischem und Ahrimanischem reden; sondern die Behandlung jedes einzelnen Falles muss im Grunde immer eine ins Konkrete umgeschriebene individuelle Angelegenheit sein. Sie müssen dem Beichtkinde klarmachen, wie der Mensch einer anderen Erde angehört, von der er sich das Ahrimanische und Luziferische als Anlage hereingebracht hat, und wie er sich dadurch, dass er die Mittel seiner Religionsgemeinschaft wirklich erlebt, hinüberhilft über das, was ihm in seinem Inneren Schwierigkeiten gibt.

In dieser Richtung müssen Sie Berater werden. Sie müssen in die Lage kommen, dem Beichtkinde für irgendeine Schwierigkeit dasjenige anraten zu können, wodurch es über diese Schwierigkeiten hinauskommt. Das wird sich Ihnen ergeben, wenn Sie ein fortwährendes sorgfältiges Studium auf die Menschennatur verwenden, in dem Sinne, wie es ja heute schon möglich ist. In den verschiedenen Darstellungen, die auf anthroposophischer Grundlage gegeben worden sind, ist so viel an Hinweisen enthalten, wie das eine oder das andere der Menschennatur karmisch, individuell-schicksalsmäßig zusammenhängt selbst mit der physischen Menschenorganisation, dass Ihnen das über vieles Licht verbreiten wird, wenn Sie die Dinge nicht nur so studieren, dass Sie ein Buch oder einen Zyklus nehmen, darin lesen und dann das sagen können, was Sie gelesen haben, sondern wenn Sie es so studieren, dass Sie, unmittelbar nachdem Sie es gelesen haben, es in Ihren eigenen Gedanken lebendig machen, sich verlebendigen, wie das in dem einen oder anderen Fall während des Erdendaseins lebt, wenn Sie es also lebendig studieren. So will Anthroposophie studiert werden. Ich musste oftmals zu den Menschen sagen: Ein anthroposophisches Buch soll man eigentlich nicht so lesen wie ein anderes Buch, sondern so, dass man das Gefühl hat, man möchte es «aufessen», so dass es in einem dann als Kraft wirkt. Wobei wirklich der Vergleich bis ins Äußerste getrieben werden kann: Was man aufgegessen hat, ist für die anderen verschwunden. So möchte man es am liebsten haben, dass ein anthroposophisches Buch verschwindet, nicht mehr da ist, aber im Menschen einen Prozess durchmacht. Wird es so gelesen, so lernt man konkret die Menschennatur verstehen.

So wird in der Beratung außerordentlich viel zur Vorbereitung der Kommunionshandlung getan werden können. Und jede solche Beratung sollte eigentlich, ich möchte sagen halb oder drei viertel kultisch auslaufen, indem in einer lebendigen Weise der Beichtende entlassen wird mit einem Gedanken, den ich etwa in den folgenden sechs Zeilen vor Ihre Seelen hinstellen möchte. Es ist nicht notwendig, dass Sie - wie es die katholische Kirche macht - diesen Gedanken formelhaft nach jeder Beichte an den Menschen heranbringen, aber die Richtung, die das Ende einer jeden Kommunionsberatung nehmen soll, ist in diesen sechs Zeilen angegeben.

Lerne deine Gedanken dem Göttlichen opfern
Und deinen Willen durch Gottes Gnade empfangen.
Dann wird deine Seele Frieden fühlen;
du wirst Gottesoffenbarung liebend bewundern
und den Menschen liebevoll dich erweisen.
Liebe zu Gott wird in dein ganzes Wesen,
Liebe zu den Menschen in dein Herz einziehen.

Wenn durch Sie das Beichtkind das erlebt, was in diesen Worten lebt, so haben Sie mit der Beichte ganz sicher etwas erreicht. Sie haben auf diese Weise den ganzen Sinn gerade des johanneischen Christentums am Ende einer jeden Beichte entwickelt und können dann Ihre Beichtkinder mit demjenigen vor die Kommunion führen, was ihnen wirklich diese Kommunion dann beseelt. Das ist das, was im wesentlichen über das zu sagen ist, was die Beichte durch Sie werden soll, was die Beichte im Zusammenhang mit der Kommunion zu einem wirklichen Sakrament macht.

Es wird dann morgen noch meine Aufgabe sein, Sie bekannt zu machen mit demjenigen, was die letzte Ölung betrifft und vielleicht mit einigem, was Sie selber noch notifiziert haben. Dann aber ist von meiner Seite aus dasjenige gegeben, von dem ich meine, dass es Sie wirklich geeignet machen kann, Ihre Tätigkeit aufzunehmen. Es wird dann nur noch die Notwendigkeit vorliegen, dass wir außer der morgigen Stunde dasjenige absolvieren, was wir in gemeinsamer Beratung als Grundlegendes besprochen haben, und es wird notwendig sein, dass vor Ihrem Weggange dann noch eine Messe gelesen wird mit der Kommunion für die anderen.«

Zanders schlampige Recherche zeigt sich auch in seiner Behauptung, die Priester seien von Steiner »zudem« in die erste Klasse der »Dornacher Hochschule« aufgenommen worden, die allerdings erst eineinhalb Jahre später gegründet wurde. Die genannte Aufnahme fand erst zwei Jahre später, im September 1924 statt.

Zander behauptet, der Abschied Christian Geyers von der in Gründung begriffenen Christengemeinschaft sei für alle Seiten schmerzlich gewesen und habe Rittelmeyer in ernste Zweifel gestürzt.

Auf Seite 1640 schreibt Zander:

»Der Abschied Geyers war für alle Seiten schmerzlich, Rittelmeyer erwog, sich nun doch nicht der Christengemeinschaft zur Verfügung zu stellen ...«

Für die Behauptung: »Rittelmeyer erwog, sich nun doch nicht der Christengemeinschaft zur Verfügung zu stellen«, gibt es keine Quellenangabe; sie entspricht auch nicht den Tatsachen.

Diese sehen so aus: In der ersten Hälfte des August 1922, genauer: zwischen dem 7. (dem letzten Gespräch zwischen Rittelmeyer, Geyer, Bock und Rudolf Steiner in Dornach) und 16. August (dem Beginn der Zusammenkunft in Breitbrunn) entschloss sich Geyer, nicht bei der entstehenden Christengemeinschaft mitzuwirken. Am 4. September schrieb er an Rudolf Steiner einen entsprechenden Brief (siehe: Beiträge zur Rudolf Steiner Gesamtausgabe, Nr. 110, Ostern 1993, S. 44). Zu diesem Zeitpunkt erwog Rittelmeyer auf keinen Fall mehr, sich doch nicht der Christengemeinschaft zur Verfügung zu stellen. Seine Zweifel und Fragen datieren vom 31.1.1922, als er in einem Brief an Rudolf Steiner schrieb: »Tut Geyer endgültig nicht mit, so sieht für mich die Zukunft sehr dunkel aus und ich muss mich noch einmal ernstlich fragen, welche Beteiligung an der Sache für mich möglich ist.« (Beiträge ..., S. 38)

Die folgenden Briefe Rittelmeyers an Steiner zeigen von Zweifeln keine Spur. Im Gegenteil. Er sieht die Schwierigkeiten Geyers, aber sein eigener Entschluss wird von Geyers Entscheidung nicht mehr beeinflusst (siehe den Brief vom 27. Juli 1922, Beiträge ..., S. 44).

Macht und Geld, die beiden Hauptkategorien der Zanderschen Geschichtsmetaphysik, finden sich notgedrungen auch in seinen Phantasien über die Ursprünge der Christengemeinschaft.

Auf S 1642 schreibt er:

»Zugleich müssen in anderen Bereichen überaus reichliche Geldmittel für die Arbeit der Christengemeinschaft geflossen sein ...«.

Dies ist eine durch nichts belegte Behauptung. Die Quelle, die Zander in Anmerkung 184 angibt, bezieht sich auf 1921, als Hermann Heisler bei Interessenten Geldmittel eingeworben hat. Dieses Geld war im Herbst 1922 auf den sich der oben zitierte Satz bezieht, längst im Stuttgarter »Urachhaus« verbaut, auf andere Weise verbraucht und von der Inflation aufgezehrt. Es gab zu diesem Zeitpunkt keine »überaus reichlichen Geldmittel« mehr, selbst die Fertigstellung des »Urachhauses« war äußerst schwierig. Von diesen Schwierigkeiten ist in GA 344, Seite 33 die Rede, den Zander ja häufig zitiert.

Auch der folgende Satz: »Eigene Kirchenbauten wurden aber erst seit Ende der zwanziger Jahre errichtet«, ist falsch. Wenn man in Zanders Quelle, die er in Anmerkung 185 angibt (Wehr, Rittelmeyer, Seite 191), nachliest, findet sich dort kein Beleg für die Behauptung. Richtig ist, dass erst 1936 in Dresden und 1939 in Stuttgart eigene Kirchenbauten der Christengemeinschaft in Deutschland errichtet wurden.