Manchmal muss man sich als Leser unwillkürlich fragen, in welchem Bewusstseinszustand Zander sich befand, als er sein Buch abfasste. Wie könnte er sonst sich selbst in unmittelbar aneinander anschließenden Sätzen widersprechen, wie er es im folgenden Beispiel tut?

Auf S. 165 schreibt Zander:

»... am 20. August 1902 dankt er [Steiner] Marie von Sivers, Blavatskys Geheimlehre erhalten zu haben ... Hier stieß er unvermeidlich auf eine zentrale theosophische Lehre, die auch sein Weltbild künftig prägen würde: die Reinkarnation. Es ist nicht leicht zu sagen, wann dabei aus dem Bildungswissen, das er durch die Lektüre vor allem theosophischer Werke in den letzten Monaten erhalten hatte, seine Überzeugung wurde. Schon in den Vorträgen zum Christentum im Winter 1901/02 hatte er ja von den Widerverkörperungen Buddhas und Jesu gesprochen.«

Was nun? Stieß Steiner erst durch die Lektüre der Geheimlehre auf die Wiederverkörperung, die sich allmählich zu seiner Überzeugung verfestigte, oder besaß er diese Überzeugung bereits, als er die Geheimlehre zu lesen begann? Wie hätte er aber dann schon in seinen Vorträgen im Winter 1901/02 über die Wiederverkörperung Buddhas und Jesu als Tatsache sprechen können?

In seinem Buch über das Christentum hatte Steiner im Hinblick auf Heraklit und seine Einweihung in die Mysterien geschrieben:

»Dass ein Zeitliches wie ein Ewiges wirkt, dass es treibt und kraftet wie ein Ewiges: das ist das Eigentümliche der Menschenseele. Das macht, dass diese einem Gotte und einem Wurme zugleich ähnlich ist. Zwischen Gott und Tier steht der Mensch dadurch mitten inne. Dies Treibende und Kraftende in ihm ist sein Dämonisches. Es ist das, was in ihm aus ihm hinausstrebt. Schlagend hat Heraklit auf diese Tatsache hingewiesen: ›Des Menschen Dämon ist sein Schicksal‹. (Dämon ist hier im griechischen Sinn gemeint. Im modernen Sinne müsste man sagen: Geist.)

So erweitert sich für Heraklit das, was im Menschen lebt, weit über das Persönliche hinaus. Dieses Persönliche ist der Träger eines Dämonischen. Eines Dämonischen, das nicht in die Grenzen der Persönlichkeit eingeschlossen ist, für welches Sterben und Geborenwerden des Persönlichen keine Bedeutung haben.

Was hat dieses Dämonische mit dem zu tun, was als Persönlichkeit entsteht und vergeht? Eine Erscheinungsform nur ist das Persönliche für das Dämonische. Nach vorwärts und rückwärts blickt der Träger solcher Erkenntnis über sich selbst hinaus. Dass er Dämonisches in sich erlebt, ist ihm Zeugnis für die Ewigkeit seiner selbst. Und er darf jetzt nicht mehr diesem Dämonischen den einzigen Beruf zuschreiben, seine Persönlichkeit auszufüllen. Denn nur eine von diesen Erscheinungsformen des Dämonischen kann das Persönliche sein.

Der Dämon kann sich nicht innerhalb einer Persönlichkeit abschließen. Er hat Kraft, viele Persönlichkeiten zu beleben. Von Persönlichkeit zu Persönlichkeit vermag er sich zu wandeln. Der große Gedanke der Seelenwandelung [zweite Aufl: »Wiederverkörperung«] springt wie etwas Selbstverständliches aus den Heraklitischen Voraussetzungen. Aber nicht allein der Gedanke, sondern die Erfahrung von dieser Wandelung [zweite Aufl: »Wiederverkörperung«]. Der Gedanke bereitet nur für diese Erfahrung vor.

Wer das Dämonische in sich gewahr wird, findet es nicht als ein unschuldvolles, erstes vor. Er findet es mit Eigenschaften. Wodurch hat es diese? Warum habe ich Anlagen? Weil an meinem Dämon schon andere Persönlichkeiten gearbeitet haben. Und was wird aus dem, was ich an dem Dämon wirke, wenn ich nicht annehmen darf, daß dessen Aufgaben in meiner Persönlichkeit erschöpft sind? Ich arbeite für eine spätere Persönlichkeit vor.

Zwischen mich und die Welteinheit schiebt sich etwas, was über mich hinausreicht aber noch nicht dasselbe ist wie die Gottheit. Mein Dämon schiebt sich dazwischen. Wie mein Heute nur das Ergebnis von Gestern ist, mein Morgen nur das Ergebnis meines Heute sein wird: so ist mein Leben Folge eines andern; und es wird Grund sein für ein anderes. Wie auf zahlreiche Gestern rückwärts und auf zahlreiche Morgen vorwärts der irdische Mensch, so blickt die Seele des Weisen auf zahlreiche Leben in der Vergangenheit und zahlreiche Leben in der Zukunft. Was ich gestern erworben habe, an Gedanken, an Fertigkeiten, das benütze ich heute. Ist es nicht so mit dem Leben? Betreten die Menschen nicht mit den verschiedensten Fähigkeiten den Horizont des Daseins? Woher rührt die Verschiedenheit? Kommt sie aus dem Nichts?«

Andeutungen dieses Sachverhaltes – dieser Erfahrung – finden sich aber bereits in der »Philosophie der Freiheit«, zum Beispiel wenn Steiner schreibt: »Es ist in dem Wahrnehmungsobjekt Mensch die Möglichkeit gegeben, sich umzubilden, wie im Pflanzenkeim die Möglichkeit liegt, zur ganzen Pflanze zu werden. Die Pflanze wird sich umbilden wegen der objektiven, in ihr liegenden Gesetzmäßigkeit; der Mensch bleibt in seinem unvollendeten Zustande, wenn er nicht den Umbildungsstoff in sich selbst aufgreift, und sich durch eigene Kraft umbildet. Die Natur macht aus dem Menschen bloß ein Naturwesen; die Gesellschaft ein gesetzmäßig handelndes; ein freies Wesen kann er nur selbst aus sich machen. Die Natur lässt den Menschen in einem gewissen Stadium seiner Entwicklung aus ihren Fesseln los; die Gesellschaft führt diese Entwicklung bis zu einem weiteren Punkte; den letzten Schliff kann nur der Mensch selbst sich geben.« (Kapitel »Die Idee der Freiheit«, S. 171)

Ein weiteres Meisterstück obszöner Wirklichkeitsverfälschung liefert Zander im Kapitelchen »Neue Liebe«. Hier schreibt er seinen lasziven Kolportageroman über Steiners sexuelle Eskapaden weiter. Es zeigt exemplarisch, wie Zander im Verlauf von zwei Seiten aus »gehässigen Halbwahrheiten« wahrscheinliche Tatsachen macht.

Auf S. 171-173 schreibt Zander:

»Anna Eunike dürfte mit der Sensibilität der Gattin gemerkt haben, dass Marie von Sivers für Steiner mehr war, als eine intellektuelle Dienstbotin aus dem theosophischen Büro. Diese junge Dame war dabei, die Rolle der Geliebten an Steiners Seite einzunehmen. ...

Für Steiner wurde eine Ménage-à-trois wahr, aber der Traum, wenn er denn einer war, mutiert zu einem kleinen Albtraum. Denn in diesen Monaten, vielleicht in Schlachtensee, soll ›es‹ dann passiert sein. Steiners Stieftochter Emmy spähte durch die Jalousie in ein Zimmer, in dem sich ihr Stiefvater und seine Geliebte befanden, und sah, ›dass die beiden, im Bett liegend, sich so benahmen, wie eben Mann und Frau in erotischer Weise zusammenkommen‹. Diese Auskunft hat allerdings ein doppeltes Problem: Emmy Eunike war vermutlich nicht gut auf ihren Stiefvater zu sprechen. Schwerer noch wiegt, dass Schwartz-Bostunitsch, der behauptete, einen persönlichen Brief von Emmy Eunike mit diesen Informationen zu besitzen, ein völkischer Steiner-Hasser war ... All das klingt doch sehr nach gehässigen Halbwahrheiten, aber dass Steiner mit Marie von Sivers möglicherweise geschlafen hat, ist deshalb nicht auch gleich eine Falschmeldung ...

Bald darauf dürfte sich die gehörnte Ehefrau mit ihren Kindern von Steiner getrennt haben.«

Ein Leser, der einigermaßen bei Verstand ist, wird sich bei der Lektüre dieses Kapitels, das hemmungslos Möglichkeit und Wirklichkeit durcheinandermischt, aus der Möglichkeit eine Wirklichkeit ableitet, um diese Wirklichkeit im nächsten Satz wieder als bloße Möglichkeit zu relativieren, an den Kopf greifen. Mit beispielloser Chuzpe zaubert Zander aus einer »gehässigen Falschmeldung« am Ende doch eine Tatsache hervor: eine »gehörnte Ehefrau«, die sich von ihrem untreuen Gatten getrennt – »haben dürfte«.

Bei all diesen Ausführungen stützt sich Zander auf eine einzige Quelle: den SS-Obersturmbannführer Gregor Schwarz-Bostunitsch, den er verharmlosend als »völkischen Steiner-Hasser« bezeichnet. Dieser hatte in seiner Broschüre »Doktor Steiner – ein Schwindler wie keiner. Ein Kapitel über Anthroposophie und die geistige Verwirrungsarbeit des ›Falschen Propheten‹« (München 1930) auch behauptet, Steiner habe seine ehemalige Ehefrau Anna Eunike aus einer vorüberfahrenden Straßenbahn »astralisch stranguliert«, also ermordet. Allein diese Behauptung sagt genug über die Geistesart des Zeugen, auf den Zander sich stützt. Doch trotz seiner Relativierung meint er, »dass Steiner mit Marie von Sivers möglicherweise geschlafen hat, ist deshalb nicht auch gleich eine Falschmeldung«.

Dass Steiner »möglicherweise« mit Marie von Sivers geschlafen hat, ist keine Falschmeldung! Es ist überhaupt keine Meldung! Oh Lektorat ...!! Oh du armer Piper-Verlag, der du offenbar gezwungen bist, solche Schmierenkomödien zu veröffentlichen!! Dass Helmut Zander möglicherweise mit der Jungfrau Maria geschlafen hat, ist ebenfalls keine Falschmeldung. Und dass sich seine gehörnte Ehefrau bald darauf von ihm getrennt haben dürfte, wenn diese Behauptung zuträfe, ist gewiss auch keine Falschmeldung.

In Schwarz-Bostunitschs Pamphlet kann man unter anderem auch lesen:

»Zunächst steht vor der völkischen Welt die Frage, ob Steiner Jude war oder nicht? ... Der Umgang also spricht ... deutlich genug, noch deutlicher spricht Steiners Gesicht ... wenn Steiner nicht wie ein Jude aussieht, wer soll dann jüdisch aussehen?

Steiner selbst leugnet zwar sein Judentum, aber mit Recht bemerkt Karl Rohm: ›Das stempelt Steiner zum Juden, dass er jüdisch denkt, jüdisch spricht, jüdisch lehrt ... Steiners Stil ist geradezu unmöglich, und sogar getreue Steiner-Jünger, denen das selbständige Denken noch nicht völlig in der anthroposophischen Bewegung abgewöhnt worden ist, nehmen daran Anstoß ...‹«

Schwarz-Bostunitsch schrieb am 8. Juli 1940 an den Reichsleiter Alfred Rosenberg:

»Herr Reichsleiter!

Hochverehrter Pg. Rosenberg!

Während unsere heldenmütige Armee, draußen ihr Letztes hingebend, den äußeren Feind auf’s Haupt schlägt, erhebt im Inneren des Landes der interne Feind um so dreister sein Haupt. Ja, er wähnt sich jetzt unbehelligt und nimmt das alte Handwerk der Verseuchung der Seele des deutschen Volkes frischfröhlich wieder auf. Ich meine die ungeheuere anthroposophische Propaganda, die täglich immer mehr an Boden gewinnt, die ihre getarnten Apologeten überall hereinzuschieben trachtet, die als ›Christgemeinschaft‹ getarnt die Kirche zu werden bestrebt ist und die nun jetzt offen dazu übergeht, die seinerzeit eingezogenen und als nicht erwünscht erklärten Bücher und Vortrags-Zyklen von Dr. Rudolf Steiner neu aufzulegen und massenhaft zu verbreiten. Der neue Verleger heißt Emil Weises Buchhandlung Karl Eymann, Dresden A 1. Eins seiner (Steiners) Hauptwerke wurde 1939 in 3000 Exemplaren (49.-51. Tausend) gedruckt. Und das auf blütenweißem Papier, während unsere Verleger wegen Papiermangel unsere Werke nicht herausbringen können! Die Jägersche Buchhandlung in der Potsdamer Straße betreibt en gros Steiner-Propaganda und verkauft sogar Photos von diesem Seelenverseucher in Taschenformat für 1.20! Dabei Riesenabsatz.

Herr Reichsleiter! Dank Ihnen wurde ich vor elf Jahren sehend in dieser Frage und schrieb die von Ihnen damals im ›Weltkampf‹ gebrachten Artikel ›Falsche Propheten‹ usw. und dann die Sonderausgabe ›Doktor Steiner – ein Schwindler wie keiner!‹ Diese Veröffentlichung hat mir den Rest gegeben. Sämtliche Juden, Jesuiten, Freimaurer und Kommunisten haben mir nicht soviel geschadet und schaden mir nicht soviel bis auf den heutigen Tag, wie die Anthroposophen. ›Wir werden dafür sorgen, dass Schwartz-Bostunitsch es niemals zu etwas bringt‹, sagten die Anthroposophen vor Zeugen nach der Machtergreifung, und sie haben ihr Wort gehalten. Denn gegen geheime Verleumdung ist ein anständiger Mensch wehrlos, und zur offenen haben diese Feiglinge nie den Mut. Doch es geht hier nicht um mich. Ich habe mich mit meinem beispiellos tragischen Los längst abgefunden. Ich habe seit 1923 (angefangen mit Scheubner-Richters ›Aufbau‹) bis auf den heutigen Tag für die großen Ideen unseres Führers nicht um den Lohn willen, sondern um Deutschlands willen gekämpft. Und Deutschland geht es, Gott sei Dank, gut. Dass auch ich und meine treue Mitkämpferin, meine Frau, unser Scherflein zum Baue des stolzen Doms, Großdeutschland genannt, beitragen durften, erfüllt uns mit Freude und Stolz, und ist unsere Rechnung beglichen. Wenn heute mein Wissen und Können, meine langjährige Erfahrung und mein erprobter Kampfmut brach liegen, nun, so muss es so sein. Aber bis jetzt hatte ich die Genugtuung, dass wenn auch ich unter die Räder komme, der stolze Wagen fährt den richtigen Weg. Die Gewährung aber einer freien Bahn solchen Volksschädlingen, wie die Anthroposophen, lässt die bittersten Zweifel aufkommen. Und daher schreibe ich diese Zeilen.

Sie, hochverehrter Reichsleiter, sind der Beauftragte des Führers für die gesamte weltanschauliche Schulung der Partei und ihrer Gliederungen. Daher geht es Sie in erster Linie an, wie hinter Ihrem Rücken, die von Ihnen konsequent seit Beginn Ihrer Tätigkeit abgelehnten Anthroposophen nun ihr Schlangenhaupt erheben. Ihnen und Ihrer Weltanschauung, die ich 100% teile und in meinen Schulungsvorträgen propagiere, gilt der erste Biss der giftigen Otter. Entweder ›Mythus des XX. Jahrhundert‹ oder ›Das Christentum als mystische Tatsache‹, wie Steiner sein zusammengestohlenes Werk nennt. Entweder ›Blut und Ehre‹ – oder ›Wie erlangt man die Erkenntnis höherer Welten‹. Eine Symbiose dieser zwei Weltanschauungen kann es nicht geben. Wenn wir ein totalitärer Staat sind – und das sind wir – wenn wir nur eine politische Schau zulassen, nur eine wirtschaftliche Linie, nur eine militärische Ausrichtung, so kann es auch nur eine Philosophie des Seins geben – entweder die Rosenbergsche oder die Steinersche. Wir haben schon genug gegen die Bekenntniskirche auszustehen, genug gegen die päpstlichen Hetzkolonnen, um noch unsere letzten Kräfte gegen die Seuche zu verausgaben, die um so gefährlicher ist, als ihre Bazillenträger Leute von gewisser Intelligenz auftreten, die in Beamtenstellungen und auch in der Partei festen Fuß gefasst haben, die nie sich offen als Anthroposophen zu erkennen geben, sondern immer nur von Sympathien zu dem zu Unrecht (!) verfolgten Dr. Steiner reden, die angeben, in seinen blöden, verwirrenden Schriften einen seelischen Halt zu finden, die den Nationalsozialismus – wenn sie sich unter sich wähnen – als verkappten Materialismus bezeichnen und was der Dinge mehr sind.

Hochverehrter Herr Reichsleiter! Sie sprachen einmal das gewichtige Wort, dass alte Kämpfer, die es auch heute zu nichts gebracht haben, nicht in ihrem Glauben, in ihrer Weltanschauung erschüttert werden dürfen. Das drohen die Anthroposophen zu tun, solange man sie nicht erneut verbietet, und zwar mit allen ihren Ablegern, wie die berüchtigten Waldorff-Schulen und Tarnungen, wie die Christgemeinschaft, ihre Bücher einzieht, ihren Reliquienhandel mit Steiner-Bildern untersagt und sie selbst unter Polizeiaufsicht stellt, denn sie sind schlimmer, wie die Freimaurer, deren Abart sie ja bekanntlich darstellen (Mystica aeterna des Homosexuellen Theodor Reuß und seines Adepten, des Weiberherzog).

In diesem Sinne, ohne irgendwelche persönlichen Ziele oder Interessen zu verfolgen, hielt ich es für meine Pflicht, Ihnen, unserem Lehrer und Wegweiser, das oben Geschilderte zu unterbreiten. Nehmen Sie es so auf, wie es gemeint war: aus schlichten Herzen kommend und zu leuchtenden Geiste appellierend.

Sieg Heil dem Führer! Ihr treu ergebener

Gregor Schwartz-Bostunitsch

SS Obersturmbannführer«

Der Brief wurde abgedruckt in: Beiträge zur Dreigliederung, Hrsg. Arfst Wagner, Heft 43, Frühjahr 1995, S. 101-104.

Zander, der Steiner 1903 und 1904 »über die Schulter lugt und ihm bei der Verfertigung seines neuen Weltbildes« zuzuschauen vermag, weiß auch über die Verfertigung seiner »Theosophie« Dinge zu berichten, die sonst niemand ahnt.

Auf S. 176 schreibt er:

»Bei der Darstellung des Menschenbildes [in der »Theosophie«] fällt vorderhand auf, dass Steiner im Aufriss des Buches nicht die theosophische Vorstellung der Körperhüllen zugrunde legte, sondern die Anthropologie von Leib, Seele und Geist ... Erst im vierten Kapitel, welches die vorhergehenden Ausführungen mehr wiederholt als zusammenfasst, erscheint die theosophische Terminologie ... Angesichts der Tatsache, dass beide Anthropologien nur dünn verbunden nebeneinanderstehen, liegt die Folgerung nahe, dass Steiner während der Abfassung der Theosophie gerade dabei war, sich die theosophischen Begriffe anzuverwandeln ... Aber zu einer systematischen Verknüpfung beider Anthropologien kam es nicht – vielleicht weil ihm die Zeit davonlief, denn die Ernennung zum Landesleiter in London stand ja vor der Tür.«

Zu dieser Folgerung kann nur kommen, wer voraussetzt, Steiner habe in seiner »Theosophie« unterschiedliche Anthropologien miteinander zu verbinden versucht. Diese Voraussetzung wiederum fußt auf einer äußerst oberflächlichen Lektüre der »Theosophie« und vollkommen textfremden Annahmen.

Wer die »Theosophie« wirklich liest, wird feststellen, dass sich in ihr die anfängliche Gliederung des Menschen in Leib, Seele und Geist organisch in die Neun- bzw. Siebengliedrigkeit ausdifferenziert und dass sich die Differenzierung der leiblichen, seelischen und geistigen Wesensglieder in einer gedanklichen Ableitung vollzieht, die hinsichtlich Klarheit und Nachvollziehbarkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Dass in der »Theosophie« nicht unterschiedliche Anthropologien »dünn verbunden nebeneinander« stehen und deren »systematische Verknüpfung« fehlt, zeigt eindrucksvoll eine Passage, in der Steiner seine bisherigen Darstellungen zusammenfasst.

»Will man den ganzen Menschen erfassen, so muss man ihn aus den genannten Bestandteilen zusammengesetzt denken. Der Leib baut sich aus der physischen Stoffwelt auf, so dass dieser Bau auf das denkende Ich hingeordnet ist. Er ist von Lebenskraft durchdrungen und wird dadurch zum Ätherleib oder Lebensleib. Als solcher schließt er sich in den Sinnesorganen nach außen auf und wird zum Seelenleib. Diesen durchdringt die Empfindungsseele und wird eine Einheit mit ihm. Die Empfindungsseele empfängt nicht bloß die Eindrücke der Außenwelt als Empfindungen; sie hat ihr eigenes Leben, das sich durch das Denken auf der andern Seite ebenso befruchtet wie durch die Empfindungen auf der einen. So wird sie zur Verstandesseele. Sie kann das dadurch, dass sie sich nach oben hin den Intuitionen erschließt wie nach unten hin den Empfindungen. Dadurch ist sie Bewusstseinsseele. Das ist ihr deshalb möglich, weil ihr die Geisteswelt das Intuitionsorgan hineinbildet, wie ihr der physische Leib die Sinnesorgane bildet. Wie die Sinne durch den Seelenleib die Empfindungen, so vermittelt ihr der Geist durch das Intuitionsorgan die Intuitionen. Der Geistmensch ist dadurch mit der Bewusstseinsseele in einer Einheit verbunden wie der physische Körper mit der Empfindungsseele im Seelenleib. Bewusstseinsseele und Geistselbst bilden eine Einheit. In dieser Einheit lebt der Geistesmensch als Lebensgeist, wie der Ätherleib für den Seelenleib die leibliche Lebensgrundlage bildet. Und wie der physische Körper in der physischen Haut sich abschließt, so der Geistmensch in der Geisteshülle. Es ergibt sich die Gliederung des ganzen Menschen in folgender Art:

A. Physischer Körper

B. Ätherleib oder Lebensleib

C. Seelenleib

D. Empfindungsseele

E. Verstandesseele

F. Bewusstseinsseele

G. Geistselbst

H. Lebensgeist

I. Geistesmensch.

Seelenleib (C) und Empfindungsseele (D) sind eine Einheit im irdischen Menschen; ebenso Bewusstseinsseele (F) und Geistselbst (G). - Dadurch ergeben sich sieben Teile des irdischen Menschen:

1. Der physische Körper

2. Der Äther- oder Lebensleib

3. Der empfindende Seelenleib

4. Die Verstandesseele

5. Die geisterfüllte Bewußtseinsseele

6. Der Lebensgeist

7. Der Geistesmensch.

In der Seele blitzt das ›Ich‹ auf, empfängt aus dem Geiste den Einschlag und wird dadurch zum Träger des Geistmenschen. Dadurch nimmt der Mensch an den ›drei Welten‹ (der physischen, seelischen und geistigen) teil. Er wurzelt durch physischen Körper, Ätherleib und Seelenleib in der physischen Welt und blüht durch das Geistselbst, den Lebensgeist und Geistesmenschen in die geistige Welt hinauf. Der Stamm aber, der nach der einen Seite wurzelt, nach der andern blüht, das ist die Seele selbst.

Man kann, durchaus im Einklange mit dieser Gliederung des Menschen, eine vereinfachte Form derselben geben.

Obwohl das menschliche ›Ich‹ in der Bewusstseinsseele aufleuchtet, so durchdringt es doch das ganze seelische Wesen. Die Teile dieses seelischen Wesens sind überhaupt nicht so scharf gesondert wie die Leibesglieder; sie durchdringen sich in einem höheren Sinne. Fasst man dann Verstandesseele und Bewusstseinsseele als die zwei zusammengehörigen Hüllen des Ich und dieses als den Kern derselben ins Auge, dann kann man den Menschen gliedern in: physischen Leib, Lebensleib, Astralleib und Ich.

Mit dem Ausdruck Astralleib wird dabei hier das bezeichnet, was Seelenleib und Empfindungsseele zusammen sind. Der Ausdruck findet sich in der älteren Literatur und sei hier frei angewendet auf dasjenige in der menschlichen Wesenheit, was über das Sinnlich-Wahrnehmbare hinausliegt. Trotzdem die Empfindungsseele in gewisser Beziehung auch von dem Ich durchkraftet wird, hängt sie mit dem Seelenleib so eng zusammen, dass für beide, vereinigt gedacht, ein einziger Ausdruck berechtigt ist.

Wenn nun das Ich sich mit dem Geistselbst durchdringt, so tritt dieses Geistselbst so auf, dass der Astralleib von dem Seelischen aus umgearbeitet wird. In dem Astralleib wirken zunächst des Menschen Triebe, Begierden, Leidenschaften, insofern diese empfunden werden; und es wirken in ihm die sinnlichen Wahrnehmungen. Die sinnlichen Wahrnehmungen entstehen durch den Seelenleib als ein Glied im Menschen, das ihm von der äußeren Welt zukommt. Die Triebe, Begierden, Leidenschaften und so weiter entstehen in der Empfindungsseele, insofern diese vom Innern durchkraftet wird, bevor dieses Innere sich dem Geistselbst hingegeben hat.

Durchdringt sich das ›Ich‹ mit dem Geistselbst, so durchkraftet die Seele den Astralleib wieder mit diesem Geistselbst. Es drückt sich dies so aus, dass dann die Triebe, Begierden und Leidenschaften durchleuchtet sind von dem, was das Ich aus dem Geiste empfangen hat. Das Ich ist dann vermöge seines Anteiles an der geistigen Welt Herr geworden in der Welt der Triebe, Begierden und so weiter. In dem Maße, als es dies geworden ist, erscheint das Geistselbst im Astralleib. Und dieser selbst wird dadurch verwandelt. Der Astralleib erscheint dann selbst als zweigliedrige Wesenheit, als zum Teil unverwandelt, zum Teil verwandelt. Daher kann man das Geistselbst in seiner Offenbarung am Menschen als den verwandelten Astralleib bezeichnen.

Ein ähnliches geht in dem Menschen vor, wenn er in sein Ich den Lebensgeist aufnimmt. Dann verwandelt sich der Lebensleib. Er wird durchdrungen von dem Lebensgeist. Dieser offenbart sich in der Art, dass der Lebensleib ein anderer wird. Daher kann man auch sagen, dass der Lebensgeist der verwandelte Lebensleib ist.

Und nimmt das Ich den Geistesmenschen in sich auf, so erhält es dadurch die starke Kraft, den physischen Leib damit zu durchdringen. Es ist natürlich, dass dasjenige, was so von dem physischen Leibe verwandelt ist, nicht mit der physischen Sinnen wahrzunehmen ist. Es ist ja gerade das am physischen Leib Geistesmensch geworden, was vergeistigt ist. Es ist dann für die sinnliche Wahrnehmung als Sinnliches vorhanden; und insofern dieses Sinnliche vergeistigt ist, muss es vom geistigen Erkenntnisvermögen wahrgenommen werden. Den äußeren Sinnen erscheint eben auch das vom Geistigen durchdrungene Physische nur sinnlich. Mit Zugrundelegung von alledem kann man auch folgende Gliederung des Menschen geben:

1. Physischer Leib

2. Lebensleib

3. Astralleib

4. Ich als Seelenkern

5. Geistselbst als verwandelter Astralleib

6. Lebensgeist als verwandelter Lebensleib

7. Geistesmensch als verwandelter physischer Leib.«

»Theosophie«, S. 56-60.

Obwohl Zander vorgibt, besser über die »Theosophie« Bescheid zu wissen, als ihr Verfasser, vermag er nicht einmal deren elementarste begriffliche Unterscheidungen richtig wiederzugeben.

Auf S. 178 schreibt Zander:

»Den materiellen, physischen Leib dachte sich Steiner von zwei Körperhüllen umgeben (die er später lieber Körperglieder nannte) Ätherleib und Astralleib, die im Grunde die Funktion der Seele, also das Leben des Körpers zu organisieren, unter sich aufteilen. Sie sollten das Ich, den göttlichen Kern des Menschen überkleiden, und in der künftigen Fortschrittsgeschichte würden die höheren Wesensglieder – angefangen beim Geistselbst – dazukommen.«

In diesen zwei Sätzen finden sich mindestens vier Irrtümer.

Den physischen Leib des Menschen »dachte« sich Steiner keineswegs materiell. Vielmehr baut sich der physische Leib aus den Stoffen und Kräften der physischen Welt auf, unterscheidet sich aber von diesen. Er gliedert sich stoffliche Bestandteile ein, ist aber selbst nicht stofflich. Was er sich an Materiellem eingegliedert hat, das bleibt zurück, wenn er nach dem Tode verbrannt wird: ein Häufchen Asche.

Diesen physischen Leib »dachte« sich Steiner nicht von zwei »Körperhüllen« – Ätherleib und Astralleib –  umgeben. Letztere sind keine »Körperhüllen«, sondern leibliche, aber übersinnliche, also unkörperliche Wesensglieder des Menschen.

Diese nannte er später auch nicht lieber »Körperglieder«. Unter »Körpergliedern« versteht Steiner wie jeder, der der deutschen Sprache mächtig ist, Arme und Beine.

Ätherleib und Astralleib teilen sich auch nicht die »Funktion der Seele«, das Leben zu organisieren – hier projiziert Zander eine Vorstellung der traditionellen christlichen Anthropologie (anima als forma corporis) in diejenige Steiners hinein – vielmehr ist der Ätherleib das Leben, eine übersinnliche Kräfteorganisation, die den physischen Leib aufbaut und belebt, während der Astralleib seinerseits den Ätherleib mit jenen Urbildern versieht, die er in den physischen Leib hineinarbeitet.

Die »höheren Wesensglieder« »kommen« auch nicht einfach in der künftigen Fortschrittsgeschichte »hinzu«, vielmehr sind sie als Keime und bis zu einem gewissen Grade ausgebildet bereits jetzt im Menschen vorhanden. Die Entwicklung des Menschen besteht darin, dass diese höheren geistigen Wesensglieder durch die transformierende Arbeit des Ich an den unteren Wesensgliedern weiter ausgebaut und vervollkommnet werden.

Am Beispiel des Astralleibes erläutert Steiner dies in der »Theosophie« wie bereits zitiert: »Die Triebe, Begierden, Leidenschaften und so weiter entstehen in der Empfindungsseele, insofern diese vom Innern durchkraftet wird, bevor dieses Innere sich dem Geistselbst hingegeben hat. Durchdringt sich das ›Ich‹ mit dem Geistselbst, so durchkraftet die Seele den Astralleib wieder mit diesem Geistselbst. Es drückt sich dies so aus, dass dann die Triebe, Begierden und Leidenschaften durchleuchtet sind von dem, was das Ich aus dem Geiste empfangen hat. Das Ich ist dann vermöge seines Anteiles an der geistigen Welt Herr geworden in der Welt der Triebe, Begierden und so weiter. In dem Maße, als es dies geworden ist, erscheint das Geistselbst im Astralleib. Und dieser selbst wird dadurch verwandelt.«

Nur in äußerster Verstümmelung findet sich eine komplexe Erörterung Steiners über die Frage, ob es einen Zufall gibt, in Zanders Referat wieder, der aus dieser Erörterung eine deterministische Interpretation des Karmagedankens ableitet, die Steiner gerade von sich weist.

Auf S. 180 schreibt Zander:

»Reinkarnation beinhaltet nicht nur die Aussicht auf nachtodlichen Fortschritt als Ersatz für ewiges Leben, sondern auch eine Antwort auf die Herkunft des Leidens ... Als Steiner gefragt wird, warum bei einem Feuer in einem Theater Hunderte von Menschen bei lebendigem Leibe verbrennen, denkt er das reinkarnatorische Vergeltungsdenken konsequent zu Ende: Entweder haben die Opfer in ihrem vergangenen Leben Unrecht getan, für das sie jetzt büßen müssen, oder sie erwerben sich Anwartschaften auf ein besseres, künftiges Leben.«

In diesen Sätzen stimmt rein gar nichts. Steiner spricht nicht von einem Entweder-Oder, sondern von drei Möglichkeiten. Er spricht weder von Vergeltung, von Unrecht, für das gebüßt werden muss, noch von einer Anwartschaft auf ein besseres, künftiges Leben. Der ganze Absatz ist ein reines Phantasieprodukt Zanders.

Von den drei Möglichkeiten, die Steiner in seiner Antwort auf die Frage erörtert, referiert Zander lediglich zwei und auch diese unverantwortlich verkürzt und durch seine eigenen subjektiven Deutungen entstellt. Die erste schließt ausdrücklich ein, dass das Ereignis keinerlei karmische Ursachen hat. Der Text Steiners findet sich in GA 34. Er wurde im Juli 1904 in der Zeitschrift »Luzifer-Gnosis« veröffentlicht.

»Gibt es einen Zufall?

Frage: In einer Zuschrift aus dem Leserkreise ist folgende Frage enthalten: ›Lässt denn die theosophische Lehre gar keinen ’Zufall’ gelten? Ich kann mir zum Beispiel nicht denken, dass es im Karma jedes einzelnen liegen kann, wenn bei einem Theaterbrande fünfhundert Menschen zusammen zugrunde gehen.‹

Antwort: Die Gesetze des Karma sind so verwickelt, dass es niemanden wundern sollte, wenn irgendeine Tatsache zunächst dem menschlichen Verstande in Widerspruch mit der allgemeinen Gültigkeit dieses Gesetzes zu sein scheint. Man muss sich eben durchaus klar machen, dass dieser Verstand zunächst an unserer physischen Welt geschult ist, und dass er im allgemeinen nur gewöhnt ist, das zuzugeben, was er in dieser Welt gelernt hat. Nun gehören aber die karmischen Gesetze durchaus höheren Welten an – in Deutschland ist es üblich, ›höheren Ebenen‹ zu sagen. –

Will man daher irgendein Vorkommnis, das den Menschen trifft, karmisch so bewirkt denken, wie man sich etwa das Walten einer Gerechtigkeit rein im irdisch-physischen Leben denkt, so muss man notwendig auf Widerspruch über Widerspruch stoßen. Man muss sich klar machen, dass ein gemeinsames Erlebnis, das mehrere Menschen in der physischen Welt trifft, für jeden einzelnen von ihnen in den höheren Welten etwas durchaus Verschiedenes bedeuten kann. Natürlich ist auch das Umgekehrte nicht ausgeschlossen, dass sich gemeinsame karmische Verkettungen in gemeinsamen irdischen Erlebnissen zur Wirkung bringen. Nur wer in höheren Welten klar zu sehen vermag, kann im einzelnen sagen, was vorliegt. Wenn sich die karmischen Verkettungen von fünfhundert Menschen so ausleben, dass diese Menschen bei einem Theaterbrande zugrunde gehen, dann sind unter anderem folgende Fälle möglich:

Erstens: Es brauchen die karmischen Verkettungen keines einzigen der fünfhundert Menschen mit denen eines anderen der Verunglückten etwas zu tun zu haben. Das gemeinsame Unglück verhält sich dann zu den Karmen der einzelnen Personen, wie sich etwa das Schattenbild von fünfzig Personen auf einer Wand zu den Gedanken- und Empfindungswelten dieser Personen verhält. Vor einer Stunde hatten vielleicht diese fünfzig Personen nichts Gemeinsames; in einer Stunde werden sie vielleicht wieder nichts Gemeinsames haben. Was sie bei ihrem Zusammentreffen im gemeinsamen Räume erlebt haben, wird für jeden seine besondere Wirkung haben. Ihr Zusammensein aber drückt sich in dem genannten gemeinsamen Schattenbilde aus. Wer aber aus diesem Schattenbilde irgend etwas schließen wollte für eine Gemeinsamkeit der Personen, würde recht fehl gehen.

Zweitens: Es ist möglich, dass das gemeinsame Erlebnis der fünfhundert Personen gar nichts mit deren karmischer Vergangenheit zu tun hat, dass sich aber gerade durch dieses gemeinsame Erlebnis etwas vorbereitet, was sie in der Zukunft karmisch zusammenführt. Vielleicht werden diese fünfhundert Personen in fernen Zeiten zusammen eine gemeinsame Unternehmung ins Werk setzen, und durch das Unglück sind sie für höhere Welten zusammengeführt worden. Dem erfahrenen Mystiker ist es durchaus bekannt, dass zum Beispiel Vereine, die sich gegenwärtig bilden, ihren Ursprung dem Umstande verdanken, dass die Menschen, die sich zusammentun, in einer fernen Vergangenheit ein gemeinsames Unglück erlebt haben.

Drittens: Es kann wirklich ein solcher Fall die Wirkung früherer gemeinsamer Verschuldungen der in Betracht kommenden Personen sein. Dabei sind aber noch unzählige andere Möglichkeiten vorhanden. Es können zum Beispiel alle drei angeführten Möglichkeiten miteinander kombiniert sein usw.

In der physischen Welt von ›Zufall‹ sprechen, ist gewiss nicht unberechtigt. Und so unbedingt der Satz gilt: ›Es gibt keinen Zufall‹, wenn man alle Welten in Betracht zieht, so unberechtigt wäre es, das Wort ›Zufall‹ auszumerzen, wenn bloß von der Verkettung der Dinge in der physischen Welt die Rede ist. Der Zufall in der physischen Welt wird nämlich dadurch herbeigeführt, dass sich in dieser Welt die Dinge im sinnlichen Raume abspielen. Sie müssen, insofern sie sich in diesem Raume abspielen, auch den Gesetzen dieses Raumes gehorchen. In diesem Raume aber können äußerlich Dinge zusammentreffen, die zunächst innerlich nichts miteinander zutun haben. Sowenig mein Gesicht wirklich verzerrt ist, weil es sich in einem unebenen Spiegel verzerrt zeigt, so wenig brauchen die Ursachen, die einen Ziegelstein vom Dache fallen lassen, der mich, als gerade Vorübergehenden, beschädigt, mit meinem Karma, das aus meiner Vergangenheit stammt, etwas zu tun zu haben. –

Der Fehler, der da gemacht wird, besteht darinnen, dass viele sich die karmischen Zusammenhänge zu einfach vorstellen. Sie setzen zum Beispiel voraus: wenn diesen Menschen ein Ziegelstein beschädigt hat, so muss er sich diese Beschädigung karmisch verdient haben. Dies ist aber durchaus nicht notwendig. Im Leben eines jeden Menschen treten fortwährend Ereignisse auf, die mit seinem Verdienst oder seiner Schuld in der Vergangenheit durchaus nichts zu tun haben. Solche Ereignisse finden ihren karmischen Ausgleich eben in der Zukunft. Was mir heute unverschuldet zustößt, dafür werde ich in der Zukunft entschädigt. Das eine ist richtig: nichts bleibt ohne karmischen Ausgleich. Ob aber ein Erlebnis des Menschen die Wirkung seiner karmischen Vergangenheit oder die Ursache einer karmischen Zukunft ist: das muss im einzelnen erst festgestellt werden. Und das kann nicht durch den an die physische Welt gewöhnten Verstand, sondern lediglich durch die okkulte Erfahrung und Beobachtung entschieden werden.«